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DAS BERÜHMTESTE ILLUSTRIERTE WERK DER FRÜHRENAISSANCE:
THEUERDANK - DIE ABENTEUER DES KAISERS MAXIMILIAN I.
AUTOR Melchior Pfintzing (1481-1535) Marx Treitzsaurwein (1450-1527)
TITEL Der Theuerdank
Die Ehr und man(n)liche Thaten, Geschichten vnnd Gefehrlichaitenn des Streitbaren Ritters vnnd Edlen Helden Tewerdanck. Zu Ehren dem hochloblichen Hause zu Osterreich, vnd Burgundien, etc. Zum Exempel aber vnnd Vorbilde allen Fürstlichenn Blut vnnd Adels genossen Teutscher Nation. New zugericht, Mit schönen Figuren vnnd lustigen Reimen volendet.
DRUCKER Christian Egenolff, Frankfurt am Main, 1553
BEDEUTUNG Von Burkhart Waldis herausgegebene, vierte Ausgabe dieses berühmten Heldenepos über die Abenteuer
und Heldentaten Kaiser Maximilians I. auf der Reise zu seiner Braut Maria von Burgund. Der Theuerdank
ist das einzige Werk der „medialen kaiserlichen Heldentrilogie“, welches zu Lebzeiten des Kaisers fertig wurde und zur damaligen Zeit erschien. Der „Weisskunigk“, die unvollendet gebliebene allegorische "Autobiographie" Kaiser Maximilians I. erschien erst 1775 in Wien und der Heiligenepos
„Images de Saints Maximilian I.“ gar noch später.
Maximilian selbst gab sowohl Konzept und Inhalte der Kapitel, als auch die zu druckenden Bilder des Theuerdank vor. Er diktierte Entwürfe und machte Vorzeichnungen. Marx Treitzsaurwein, persönlicher Sekretär Maximilians, bearbeitete die Texte, Melchior Pfintzing setzte die Verse. Pfintzing, der unter Maximilian ein vielseitiger kirchlicher Würdenträger war und in hohem Rang am kaiserlichen Hof stand, übernahm zudem die Schlussredaktion. Pressefreiheit war am Hof des bedeutenden Kaisers wohl nicht gerade angesagt.
Im Jahre 1517 erschienen zunächst etwa 40 Geschenkexemplare des Theuerdank auf wertvollem
Pergament gedruckt, welche der Kaiser an die Königshäuser verteilte, sowie 300 papierne Geschenkexemplare für die Fürstenhäuser und den Hofstaat. Die 1519 gedruckte, zweite Auflage war gilt
als erste Verkaufsauflage. Maximilian förderte in seinem Theuerdank die Legendenbildung der eigenen Person, die alle Gefährdungen besonnen, weise und tapfer meistert. Seine ständigen Begleiter auf den Abenteuern sind Fürwitz, Unfall und Neidhard; diese repräsentieren die drei Laster Übermut,
Vermessenheit und Neid.
KOLLATION 4 nicht num. Blatt; 110 römisch nummerierte Blatt (I-CX). Vollständig.
Lagenformel: *4; A-R6; S8
AUSSTATTUNG Titelholzschnitt, Wappenholzschnitt sowie 118 Holzschnitte im Format: 16x14 cm.
Vorliegender Druck enthält die Holzschnitte, die auch bereits für die Schönsperger-Ausgabe von 1519 verwendet wurden. Diese wurden nach den Zeichnungen von den berühmten Künstlern Hans Schäufelin, Hans Burgkmair, Leonhard Beck, Jörg Breu und Wolfgang Traut von Jost de Negker und Heinrich
Kupferworm in Holz geschnitten. Die Holzschnitte zeigen zeichnerisch und schnitttechnisch
außerordentliches Raffinement. Die Variabilität, vermittels der Linien Plastizität und Räumlichkeit darzustellen, galt als neuartig und unterstrich Maximilians Bestreben, die Entwicklung und
Vervollkommnung der Buch- und Illustrationskunst voranzutreiben.
Die Holzschnitte wurden zum Teil von den beteiligten Künstlern untereinander geändert. So unterlief Hans Burgkmair bei seiner Illustration zum Kapitel 118 ein Fehler: Er bildete im Hintergrund den Hauptmann Neidelhart ab, der zu diesem Zeitpunkt der Erzählung allerdings längst hingerichtet worden war. Leonhard Beck, der mehrere Holzschnitte veränderte, entfernte Neidelhart und ersetzte ihn durch ein Gebüsch.
Beck erlaubte sich auch Eingriffe in die Dramaturgie von Burgkmairs Illustrationen. So korrigierte er
dessen Holzschnitt zu Kapitel 49, der Theuerdank durch einen Steinschlag gefährdet darstellte; während Burgkmairs Fassung nur die soeben herabfallenden Steine zeigt, rollt dem Ritter in Becks Änderung ein großer Stein bereits zwischen die Füße. Die Ausgabe von 1517 und alle späteren gingen mit den
geänderten Illustrationen in Druck; die ursprüngliche Fassung blieb erhalten in einem Exemplar mit Andrucken. Quelle: Österreichische Nationalbibliothek, Wien; Cod. 2833
Zweispaltige, gotische Type. Blatt: 29,5 x 18,5 cm; Satzspiegel: ca. 24 x 14,5 cm.
INHALT Maximilian I. sah sich nach seiner Wahl zum römisch-deutschen König im Jahre 1486 einem Reich voller Spannungen gegenüber. Die 1495 auf dem Reichstag zu Worms von ihm auf den Weg gebrachte Reichsreform hatte durch den Widerstand der Reichsstände für Maximilian nach der Erlangung der Kaiserwürde im Jahre 1508 den Druck erhöht, seine Macht und seine Rolle zu verdeutlichen. Theuerdanks zunächst recht alltäglich erscheinende Fährnisse erweisen sich so bei näherem Hinsehen als Programm. Seine Gefährdungen, z.B. in einem städtischen Haushalt oder auf der Jagd, verweisen auf die
Alltäglichkeiten der verschiedenen Stände; Geschichten mit Lawinen oder auf einem beinahe kenternden Schiff umreißen auch die regionale Ausdehnung des deutschsprachigen Raums in Maximilians Reich. Die allegorische Figur des Ritters Theuerdank ließ sich als „vorbildlicher Bezwinger“ der „allgemeinen Gefährdungen eines jeden Menschen“ verstehen. Quellen: Stephan Füssel: Der Theuerdank von 1517.
Das Epos des „letzten Ritters“ Theuerdank. Taschen: Köln 2003; S. 39
Die Erlebnisse des Ritters werden in 118 Kapiteln erzählt, denen jeweils ein Holzschnitt vorangestellt ist.
Die insgesamt 80 Gefährlichkeiten des Ritters werden eingeleitet durch den Hintergrund und den Anlass
für die Brautwerbung und abgeschlossen durch deren glücklichen Ausgang und den unausgeführten
Plan eines Kreuzzugs. Ritter Thewrdanck, der Name verweist auf edle Gedanken und Entschlossenheit,
macht sich auf zu seiner Braut, dem Fräulein Ernreich, der Tochter König Romreichs. Der gerade mal achtzehn Jahre zählende Ritter wird auf seiner Brautfahrt gemeinsam mit seinem Begleiter Ernhold in
allerlei Fährnisse verwickelt, die er siegreich zu bewältigen weiß. Ausgelöst werden die Unbilden, bei denen es sich zum Beispiel um Auseinandersetzungen mit Wildschweinen, Steinschlägen oder in Brand geratenen Küchen handelt, durch drei ihm nacheinander unterwegs begegnende und ihn jeweils im Folgenden begleitende Figuren, die sich mit sprechenden Namen Fürwittig, Unfalo und Neidelhart nennen. Die drei
ind Hauptleute, die die Auflösung ihres Heeres infolge der Heirat befürchten und deshalb die Brautfahrt des Ritters zu verhindern trachten. Fürwitz bringt den Helden durch dumme Einfälle in die Problemlagen; Unfall geht absichtsvoll vor, weil er die Ehre des Tapferen für sich haben will, und Neidhart bringt den Ritter aus Missgunst in allerlei Gefahr. Alle drei landen am Ende beim Henker: Fürwitz verliert den Kopf, Unfall wird am Galgen aufgehängt und Neidhard vom Balkon in den Tod gestürzt. Ritter Theuerdank wird zwar am Schluss verlobt, muss aber, bevor Fräulein Ehrenreich ihm gehört, erst noch ins Heilige Land zu neuen Abenteuern; mit diesem Entschluss endet die Geschichte. Deshalb blieb in der Ausgabe von 1517 das Kapitel 117 leer; vor dem Schlusskapitel befinden sich drei leere Seiten. Sie wurden in späteren Adaptionen mit dem von Maximilian nie vollzogenen Kreuzzug ins Heilige Land ergänzt.
EINBAND Späterer Pergamentband mit rotem, goldgeprägten Lederrückenschild. Dreiseitiger Rotschnitt.
Sehr guter Zustand. Deckel nur ganz leicht berieben und etwas fleckig. Ecken und Kanten bestoßen.
Folio 29 x 19 x 2,5 cm.
ZUSTAND Guter, überwiegend sehr guter, genuiner Zustand. Kräftiger Druck auf festem Büttenpapier. Größtenteils überaus kräftige Abdrücke der Holzschnitte. Weitgehend sauberes Exemplar. In den Rändern stellenweise finger- und schmutzfleckig. Diverse Blatt mit dezenten, alt geschlossenen Rissen im unteren Rand. Letztes Blatt stärker fingerfleckig, neu angefalzt, etwas geknittert und mit gelöschtem Sammlerstempel. ÜBER DIE AUTOREN Melchior Pfintzing (1481-1535) war Geistlicher und ein hochrangiges Mitglied des Hofstaats bei Kaiser Maximilian I. Pfintzing entstammte einer der ältesten und einflussreichsten Patrizierfamilien Nürnbergs. Seine Karriere am Wiener Hof begann mit der Stellung als einer der Sekretäre des Hofkanzlers Maximilians, Cyprian von Nordheim; anschließend wurde er Sekretär und Rat des Kaisers. Zusammen mit seinen Brüdern wurde er 1510 in den Ritteradel erhoben. Auf Wunsch des Kaisers erhielt Pfintzing 1512 die Propstei St. Sebald in Nürnberg; im Jahre 1517 wurde er Propst des Ritterstifts von St. Alban zu Mainz. Er kümmerte sich um die Hofhaltung und hatte weitergehende Aufgaben zu erfüllen, wie zum Beispiel die Bischofswahl 1513 in Speyer und den Preßburger Fürstentag im Jahre 1515. Aus der dem Theuerdank vorangestellten Widmung, in der sich Pfintzing 1517 als Kaplan von Maximilians I. Enkel, König Karl von Spanien, dem späteren Kaiser Karl V. bezeichnet, wurde geschlossen, dass Melchior Pfintzing auch Hofkaplan Karls V. gewesen sei, was allerdings bereits im 19. Jahrhundert bezweifelt wurde.
Marx Treitzsaurwein (1450-1527), war Geheimschreiber Kaiser Maximilians I. und nach dessen Tod Rat Karls V. und zuletzt Kanzler von Niederösterreich. Treitzsaurwein gilt neben Melchior Pfinzing als Mitverfasser und Redakteur von dem Kaiser zugeschriebenen literarischen Werken, insbesondere des Weißkunig und des Theuerdank. Nach dem Tode Maximilians I. im Jahre 1519 bekleidete Marx Treitzsaurwein von Ehrentreitz noch weitere Ämter als Rat Kaiser Karls V., in der Regierung Österreichs und zum Ende seines Lebens als Kanzler. Durch die Ausstattung mit Feudalrechten und Titeln war er in den niederen Adel aufgestiegen. Nach seinem Testament, das erhalten ist, wird angenommen, dass er vor seinem Tode Anhänger der Reformation geworden sei.
PROVENIENZ Alte deutsche Privatsammlung.
NACHWEIS Bibliographie: VD16 M 1653; STC German 690; Goedeke I, 336, 1; Adams P 962ff.
Bibliotheken: Sehr selten. Nur in 7 Bibliotheken vorhanden (BSB München; FB Gotha; SUB Göttingen; SUB Jena; SB Köln; RB Lüneburg und AAB Weimar)