Verwundete türkische Offiziere in Berlin (vor dem Hotel „Der Kaiserhof“, links das Schild des Kaiserlichen Automobil Clubs, KAC) auf der Durchreise nach einem Erholungsheim in Wiesbaden.
Eine Anzahl an den Dardanellen verwundeter türkischer Offiziere besuchte auf dem Wege nach Wiesbaden, wo sie in einem Offiziers-Erholungsheim Aufenthalt nehmen werden, die deutsche Reichshauptstadt.
Fotoabbildung im Originaldruck von 1915.
Journalausschnitt in der Größe 193 x 1117 mm.
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Es stand am Wilhelmplatz 3–5 gegenüber der Reichskanzlei im damaligen Berliner Regierungsviertel. Eröffnet wurde das Hotel im Oktober 1875 und am 23. November 1943 durch mehrere Bombeneinschläge völlig zerstört. Geschichte Erbaut wurde das erste Berliner Grandhotel von der 1872 gegründeten Berliner Hotel AG (später Berliner Hotelgesellschaft). Das Berliner Architekturbüro von der Hude & Hennicke führte den Auftrag von 1873 bis 1875 aus. Bereits wenige Tage nach der Eröffnung im Oktober 1875 zerstörte ein Großbrand das Haus. Die Wiedereröffnung fand 1876 statt. Der Kaiserhof verfügte über 260 Zimmer, diese wiesen eine moderne und luxuriöse Ausstattung auf: So war der Kaiserhof das erste Berliner Hotel, das seine Zimmer mit Strom, eigenen Badezimmern und selbst Telefonen ausstattete. Des Weiteren gab es Dampfheizungen, pneumatische Lifts und für die damalige Zeit hochmoderne Gasherde. Der Strom kam aus dem zweiten Berliner Kraftwerk in der Mauerstraße, das von Siemens & Halske gebaut wurde. Dem Hotel angeschlossen war ein eigenes Romanisches Café, in dem Gäste und Besucher verweilen konnten. Außerdem betrieb das Hotel eine sogenannte Stadtküche, also einen Catering-Dienst, der einzelne Speisen, aber auch ganze Menüs für größere Gesellschaften außer Haus lieferte. Im Jahr 1878 war der Kaiserhof der Schauplatz des von Bismarck initiierten Berliner Kongresses. Ab 1907 entstand dem Kaiserhof mit dem Hotel Adlon am Pariser Platz eine ernste Konkurrenz, die ihm allmählich den Rang des „ersten Hotels am Platze“ ablief. Welche Bedeutung und Bekanntheit das Hotel hatte, lässt sich auch daran erkennen, dass der U-Bahnhof der am 1. Oktober 1908 eröffneten Spittelmarktlinie unter dem Wilhelmplatz den Namen „Kaiserhof“ erhielt (heute: U-Bahnhof Mohrenstraße). Die glanzvollen Jahre des Hotels mit Staatsgästen und prunkvollen Empfängen gingen in der Wirtschaftskrise der frühen Weimarer Republik bald vorüber. Die Aschinger AG erwarb 1924 die Mehrheitsbeteiligung an der Berliner Hotelgesellschaft, die auch das Hotel Baltic betrieb. Der Kaiserhof arbeitete allerdings defizitär und brachte den Konzern in finanzielle Schwierigkeiten. Ein Verkauf des Hotels an das Deutsche Reich scheiterte 1926. Mit dem Erwerb der Hotelbetriebs-Aktiengesellschaft sicherte sich der Aschinger-Konzern weitere Hotels der Luxuskategorie wie die Hotels Bristol, Bellevue und das Centralhotel. Durch finanzielle Umschichtungen innerhalb des Konzerns übernahm die Hotelbetriebs AG dann die Berliner Hotelgesellschaft. Ein Ausbau durch Aufstockung des Gebäudes war vorgesehen, zu dem der Architekt Hans Poelzig detaillierte Pläne lieferte. Die Gründung der Deutsche Luft Hansa Aktiengesellschaft fand im Januar 1926 im Kaiserhof statt. Sie ging aus der Fusion der „Junkers Luftverkehr“ und „Aero Lloyd“ hervor. In den 1920er Jahren sympathisierten die Betreiber mit den rechtsnationalen Strömungen und öffneten ihr Haus für Gruppierungen, die sich gegen die Weimarer Republik wandten. Äußeres Zeichen dafür war auch schwarz-weiß-rote Flagge, die statt der schwarz-rot-goldenen gehisst wurde. Gleichzeitig fungierte das Hotel aber auch als Tagungsstätte des liberal-bürgerlichen „SeSiSo-Clubs“, aus dem später der Solf-Kreis hervorging. Viktoria von Dirksen, die zweite Frau des Diplomaten Willibald von Dirksen veranstaltete im Hotel „Donnerstagssoireen“ für den „Nationalen Klub“, an denen auch H., A. teilnahm. 1931 fand ein Treffen deutscher Großindustrieller mit H. in dessen Suite statt. 1932 zog H. dann ganz in dieses Hotel. Von hier aus konzipierte und koordinierte er seinen Wahlkampf. Das obere Stockwerk des Hotels wurde zur provisorischen Parteizentrale der N.. Die Einbürgerung H., A.s für seine Kandidatur bei der Reichspräsidentenwahl 1932 geschah ebenfalls im Hotel Kaiserhof, wo er am 25. Februar 1932 in einer feierlichen Zeremonie zum Regierungsrat des Freistaats Braunschweig ernannt wurde. Damit erhielt der zu diesem Zeitpunkt auf eigenes Betreiben hin staatenlose H. durch Einbürgerung die Staatsangehörigkeit eines der Gliedstaaten der Weimarer Republik. Auch weitere Funktionäre der N.isten wohnten im Hotel. H. G. feierte im April 1935 im Kaiserhof prunkvoll seine Hochzeit mit seiner zweiten Ehefrau Emmy Sonnemann. Ein Erinnerungsbuch von G., J. an die „“ bis zur „M.“ trug den doppelsinnigen Titel Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei (einfach nur kurz über den Wilhelmplatz). Der Kaffeehändler Ludwig Roselius hatte eine Luxuswohnung im Kaiserhof, in der er bis zu seinem Tode am 15. Mai 1943 lebte. Im November 1943 wurde der Kaiserhof bei einem Luftangriff der Royal Air Force von mehreren Fliegerbomben getroffen und schwer beschädigt. Die Ruine wurde später abgerissen. Auf dem Grundstück baute Nordkorea 1974 sein Botschaftsgebäude in der DDR. Seit der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland 2001 befindet sich hier wieder die Botschaft Nordkoreas. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) mit Sitz in Frankfurt am Main ist einer der ältesten deutschen Automobilclubs und zählt zu den größten in Deutschland. Organisation Der Verband besteht aus 47 Ortsclubs (Stand März 2014), die teilweise als eingetragener Verein (e. V.) geführt werden. Der AvD wird von einem siebenköpfigen Präsidium vertreten: Präsident ist Ludwig Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg. Die sechs Vizepräsidenten leiten die Ressorts Touristik, Vertrieb (Gebhard Sanne), Controlling (Peter A. Verloop), Sport, Jugend (Volker Strycek), Marketing (Frank-Rainer Nitschke), Recht und Verkehr (Hasso Werk) und Klassik, Finanzen (Franz Graf zu Ortenburg). Die Geschäftsführung wird von einem Hauptausschuss unterstützt, so dass die Verantwortung auf rund zehn Personen verteilt ist. Geschichte Der AvD wurde 1899 in Berlin als Deutscher Automobilclub (DAC) gegründet. Er bildet den Dachverband diverser Orts- und Korporativclubs in ganz Deutschland, beispielsweise des Bayerischen, des Berliner, des Rheinischen und des Schleswig-Holsteinischen Automobil-Clubs. 1900 organisierte der AvD die erste Internationale Automobilausstellung in Frankfurt/Main, 1905 wurde er umbenannt zum Kaiserlichen Automobilclub (KAC), da Kaiser Wilhelm II. an Weihnachten die Schirmherrschaft über den Club übernahm. Im Jahre 1904 veranstaltete der AvD das erste internationale Autorennen in Deutschland, das Rennen zum Coupe Gordon Bennett bei Bad Homburg vor der Höhe (siehe auch Motorsportjahr 1904). Nach dem Ende der Monarchie in Deutschland gab sich der Club 1918 seinen heutigen Namen Automobilclub von Deutschland (AvD). Neben dem Motorsport, für den sich der AvD stets engagierte, ist die Verkehrssicherheit ein weiteres wichtiges Thema: 1924 gehörte der AvD deshalb zu den Gründern der Deutschen Verkehrswacht. 1926 veranstaltete der Club auf der AVUS, an deren Finanzierung er beteiligt war, den ersten Großen Preis von Deutschland. 1935 gab der AvD seinen satzungsgemäßen Zweck auf und änderte seinen Namen in Deutscher Ausland-Club, um der Gleichschaltung im N.istischen Kraftfahrkorps (NSKK) zu entgehen. Am 6. November 1948 wurde der AvD in Königstein im Taunus wiedergegründet. Im Jahr darauf beschloss die Versammlung der FIA einstimmig die Wiederaufnahme des AvD. Die AvD-Mitglieder Huschke von Hanstein, Manfred von Brauchitsch, Paul von Metternich und Juan Manuel Fangio errangen wieder Erfolge im Motorsport. 1953 nahm der Club mit sechs DKW-Kastenwagen seinen Pannenhilfsdienst auf. 1967 brachte AvD-Sportpräsident Huschke von Hanstein die Formel V nach Deutschland. Im selben Jahr (1967) förderte der AvD mit öffentlichen Unfall-Demonstrationen die Einführung des Sicherheitsgurtes. 1968 startete das AvD-Auto-EKG – die erste technische Prüfung, die mobil durchgeführt werden konnte. Neben dem Engagement für die Verkehrssicherheit und der Pannenhilfe kümmerte sich der AvD in den folgenden Jahren immer mehr auch um ältere Fahrzeuge. Gemeinsam mit dem Club Historischer Renn- und Sportfahrzeuge Nürburgring e. V. (CHRSN) und dem Hesse Motorsport Club e. V. Wiesbaden veranstaltete der AvD deshalb 1972 das erste Internationale Historische Rennen auf dem Nürburgring – aus dieser Veranstaltung ging später der AvD-Oldtimer-Grand-Prix hervor. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der AvD zu einem Dienstleistungsunternehmen entwickelt und seine Leistungen deutlich ausgebaut. Mit der am 6. Oktober 2008 verkündeten Kooperation mit der Allianz in den Bereichen Versicherung und Service soll das Angebot erneut verbessert werden. Dienstleistungen Der AvD bietet alle Leistungen eines klassischen Automobilclubs an. Hierzu gehört in erster Linie die Pannen- und Abschlepphilfe. Der AvD betreibt eine eigene 24h-Notrufzentrale. Darüber hinaus bietet der AvD seinen Mitgliedern: Versicherungsservice: Kfz-Versicherung AvD-Unfallversicherung, AvD-Europa-Schutzbrief PLUS, AvD-Rechtsschutzversicherung, AvD-Auslandsreise-Krankenversicherung ein eigener Reisedienst bietet Reisen an AvD OldtimerCard: spezielle Mitgliedschaftsvariante für Oldtimer-Besitzer Rechtsberatung durch den Club und AvD-Vertrauensanwälte AvD Clubmagazin MOTOR&REISEN Neben dem Pannendienst vertritt der AvD die Interessen der Autofahrer in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. AvD-Ehrenpräsident Rudolf Graf von der Schulenburg ist der einzige deutsche Vertreter im FIA-Senat. Der AvD organisiert Sicherheitsprüfungen und bietet weitere Hilfeleistungen im Reise- und Unfallbereich an. Motorsport Der AvD ist aktiver Organisator von diversen Motorsportveranstaltungen wie dem Großen Preis von Deutschland, dem Toyota Yaris Cup, dem AvD-Oldtimer-Grand-Prix oder der AvD Pro 2000 Rennkart Trophy. Außerdem organisiert er die Eisenberg-Rallye und die Sachsen-Rallye. Der AvD unterstützt als Sponsor unter anderem die AvD race weekends, die AvD Interserie und die BF Goodrich Langstreckenmeisterschaft Nürburgring. Darüber hinaus organisieren die AvD-Korporativclubs zahlreiche eigene Veranstaltungen und fördern das Motorsport-Engagement ihrer Mitglieder. Eine weitere Veranstaltung des AvD ist die seit 2008 ausgetragene Kart-Rennserie AvD Kart Challenge, die im gesamten Bundesgebiet auf Sodi RX 250 gefahren wird. Oldtimer Ein weiterer Schwerpunkt der AvD-Aktivität richtet sich auf den Erhalt von historischen Fahrzeugen. Neben der AvD OldtimerCard und dem AvD-Oldtimer-Grand-Prix setzt sich der AvD seit Jahren für die Belange von Old- und Youngtimer-Besitzern und die Pflege automobilen Kulturguts ein. Zahlreiche Oldtimer-Clubs, die teilweise auf bestimmte Marken oder Modelle spezialisiert sind, gehören ebenfalls zum AvD. Es war unter anderem der Arbeit des AvD zu verdanken, dass Oldtimer mit H- und roten Kennzeichen mit Ausnahmegenehmigung Umweltzonen befahren dürfen. Verkehrssicherheit Als Verkehrsclub setzt sich der AvD auch aktiv in Organisationen und Projekten für die Verkehrssicherheit ein. So ist der AvD im Deutschen Verkehrssicherheitsrat[8] vertreten und Mitglied des Deutschen Verkehrsgerichtstages. Mit der Allianz SE wurden Infofilme bundesweit an alle Grundschulen verschickt, in denen Willi Weitzel demonstriert, warum es so wichtig ist, dass Kinder ordnungsgemäß mit Rückhaltesystemen ("Sicherheitsgurt") gesichert werden. Unter der Schirmherrschaft des Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer wirkt er neben Goodyear und Seat an der Auszeichnung Held der Straße mit. Zudem verleiht der AvD gemeinsam mit dem Automobil-Club Westfalen e. V. den Westfälischen Verkehrssicherheitspreis und unterstützt mit diesem gemeinsam das Projekt Schutzengel des Kreises Gütersloh. Präsidenten 1899–1922: Victor II. Amadeus Herzog von Ratibor 1922–1928: Graf Adolf von Arnim-Muskau 1928–1934: Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg 1948–1953: Karl Geiler 1953–1960: Gottfried Fürst zu Hohenlohe-Langenburg 1960–1992: Paul Alfons Prinz von Metternich-Winneburg 1992–2008: Wolfgang-Ernst Fürst zu Ysenburg und Büdingen 2008–2012: Rudolf Graf von der Schulenburg seit 2012: Ludwig Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg Der Wilhelmplatz war ein historischer Platz im heutigen Berliner Ortsteil Mitte, der an die Wilhelmstraße angrenzte. An ihm lagen in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs, der Weimarer Republik und des N.ismus die Reichskanzlei, eine Reihe von Reichsministerien sowie weitere markante Gebäude. Die Umrisse des Platzes sind heute nur noch teilweise erkennbar und das Areal ist größtenteils mit Bauwerken besetzt, die zu Zeiten der DDR errichtet worden sind. Der ehemalige Wilhelmplatz ist Bestandteil der Geschichtsmeile Wilhelmstraße, mit der anhand von Schautafeln die Geschichte des ehemaligen Regierungsviertels im Laufe der Jahrhunderte dokumentiert wird. Der Wilhelmplatz im 18. Jahrhundert Anlage des Platzes Wilhelmplatz und Wilhelmstraße entstanden im Zuge der nach 1721 forcierten, westlichen und südlichen Erweiterung der Friedrichstadt, die seit 1688 südlich der heutigen Straße Unter den Linden entstanden war. Die Leitung des Erweiterungsprojekts hatte der Ingenieur und Vorsitzende der städtischen Baukommission Major Christian Reinhold von Derschau. Ihm beratend zur Seite standen der Königliche Oberbaudirektor Johann Philipp Gerlach und Hofbaudirektor Johann Friedrich Grael, die für die architektonische Gestaltung verantwortlich waren. Unter ihrem Einfluss beschloss die Baukommission verbindliche und eng gefasste Richtlinien, damit sich ein harmonisches, ganzheitlich wirkendes Stadtbild ergab. Zunächst sah man ein traditionelles, kleinteiliges Rastersystem für die neu anzulegenden Straßen vor. Ab 1732 dominierten in der Planung jedoch drei zentrale Nord-Süd-Achsen, die am Südende strahlenförmig in einem kreisrunden Platz zusammenliefen, dem „Rondell“ (heute Mehringplatz). Sie erhielten später die Bezeichnungen Wilhelmstraße, Friedrichstraße und Lindenstraße. Ein königliches Patent vom 29. Juli 1734 erwähnt unter den Bauvorhaben auch die Anlage eines größeren Platzes an der Wilhelmstraße. Ein „Plan der Königlichen Residenzstadt Berlin“ aus dem Jahr 1737 weist erstmals einen viereckigen Platz aus, der sich im nördlichen Drittel der „Wilhelmsstraße“ (wie man bis ins 19. Jahrhundert schrieb) an deren östlicher Seite öffnet. Bis 1749 war er als „Wilhelms-Markt“ bekannt, danach trug er für genau 200 Jahre die Bezeichnung „Wilhelmsplatz“ bzw. „Wilhelmplatz“. Namensgeber war der preußische „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I., der Ausbau und Gestaltung der Friedrichstadt und vor allem des nördlichen Teils der Wilhelmstraße stark beeinflusst hatte. Schon gemäß früher Planungen schloss an die Ostseite des Wilhelmplatzes eine breite Verbindung zur Mohrenstraße an, die zunächst „Am Wilhelmplatz“, ab Mitte des 19. Jahrhunderts Zietenplatz genannt wurde. Auf manchen historischen Karten ist der Zietenplatz verkürzend als Teil des Wilhelmplatzes bzw. der Mohrenstraße ausgewiesen. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Mohrenstraße über Zietenplatz und Querachse des Wilhelmplatzes hinweg verlängert und endet seitdem an der Wilhelmstraße. Randbebauung Zurückgehend auf einen Wunsch Friedrich Wilhelms I. entstanden an der nördlichen Wilhelmstraße und am Wilhelmplatz ab den 1730er Jahren rund 30 Stadtpalais verdienter Vertreter des Hofes, der Staatsbehörden und des Militärs. Die privaten Bauherren erhielten kostenlos großzügige Grundstücke zugewiesen, der Staat trug einen Teil der Baukosten. In der Literatur herrscht jedoch Uneinigkeit, ob dies für die Betroffenen eher eine erstrebenswerte Ehre oder vor allem eine finanzielle Belastung bedeutete, der man sich lieber entzogen hätte. In jedem Fall sahen sich die Bauherren in die Pflicht genommen, ihren Teil zu einem standesgemäßen Ausbau der Friedrichstadt beizutragen. Überliefert ist eine frühe Federzeichnung der Bauplanungen für den Wilhelmplatz. Sie stammt von dem Baumeister C. H. Horst und ist etwa auf das Jahr 1733 zu datieren. Darauf ist zu erkennen, dass für die Randbebauung des Wilhelmplatzes von Beginn an besonders prächtige Stadtpaläste vorgesehen waren. Mit Ausnahme eines ursprünglich für die Nordostseite des Platzes geplanten Palais wurden die erstmals von Horst skizzierten Gebäude tatsächlich errichtet. Sie entstanden etwa zeitgleich ab Mitte der 1730er Jahre. Das wahrscheinlich von Johann Philipp Gerlach und C. H. Horst entworfene Palais Marschall an der Westseite der Wilhelmstraße (Nr. 78) dominierte die neue Platzanlage. Es lag als Blickpunkt auf der Sichtachse der alten Mohrenstraße. Die Aufweitung der Verbindungsstraße zum Wilhelmplatz – der spätere Zietenplatz – war dabei offenbar bewusst so konzipiert, dass weit von Osten her ein umfassender Blick auf das prachtvolle Palais ermöglicht wurde. An der Wilhelmstraße 77 errichtete der Architekt Carl Friedrich Richter das Palais Schulenburg. Während die Friedrichstadt sonst von einer durchgehenden Häuserfront gekennzeichnet war, durfte dem Hauptgebäude hier ein von Seitenflügeln flankierter Ehrenhof vorgesetzt werden. Allerdings nahm man durch die Ausrichtung des benachbarten Palais Marschall auf die Mohrenstraße in Kauf, dass das Palais Schulenburg an die Nordwestecke des Wilhelmplatzes gedrängt wurde und sein Ehrenhof so ohne Bezug zur Platzanlage blieb. Das Palais Schulenburg sollte ab 1878 als Reichskanzlei Amtssitz der deutschen Reichskanzler werden. Wie fast alle Grundstücke an der Westseite der Wilhelmstraße zwischen Unter den Linden und Leipziger Straße besaßen auch das Palais Schulenburg und das Palais Marschall ausgedehnte Gartenanlagen, die westlich bis zur Höhe der heutigen Ebertstraße reichten. Sie waren teils als barocke Schmuckgärten gestaltet, man baute in ihnen aber auch Obst oder Gemüse zum Verkauf auf den Berliner Märkten an. Diese Anlagen wurden nach Umwandlung der meisten Palais in Regierungsgebäude im 19. Jahrhundert als „Ministergärten“ bezeichnet. Das erste direkt am Wilhelmplatz gelegene Gebäude war das ab 1737 für den Generalmajor Karl Ludwig Truchseß Graf zu Waldburg errichtete Palais Waldburg. Es trug zunächst die Hausnummer Wilhelmplatz 7/8 (später 8/9) und lag an der Nordseite des Platzes. Auf Order des Königs hin übernahm der Johanniterorden das Gebäude nach dem vorzeitigen Tod des Bauherren und ließ es fertigstellen. Möglicherweise lagen dem ebenfalls von Richter erbauten Palais Pläne des Königlichen Hofbaumeisters Jean de Bodt zu Grunde. Es zeichnete sich bald ab, dass für die Grundstücke an der nördlichen Wilhelmstraße nicht genügend private Bauherren zu finden waren. Daher musste Friedrich Wilhelm I. akzeptieren, dass sich auch Korporationen, Gilden, Vereinigungen und Staatseinrichtungen dort ansiedelten, die sonst eher den südlichen Teil der Wilhelmstraße nutzten. So ließ sich an der Südwestecke des Wilhelmplatzes (Wilhelmstraße 79) eine Gold- und Silbermanufaktur nieder, die nach Plänen von Gerlach entstand. Die Manufaktur war im Besitz des Potsdamer Militärwaisenhauses, das sich aus den Erträgen finanzieren sollte. Zu ihr gehörte ein weiteres Gebäude an der Südseite des Wilhelmplatzes (Nr. 2). Den Juden Berlins war es seit 1727 untersagt, Häuser in der Stadt zu erwerben. Trotzdem wurde der Jüdischen Gemeinde 1735 das südliche Eckgrundstück zur Wilhelmstraße (Wilhelmplatz 1) mit der Auflage zugewiesen, ein Gebäude darauf zu errichten. Aus Finanznot war die Gemeinde in den folgenden drei Jahrzehnten dazu jedoch nicht in der Lage. Zwischen 1761 und 1764 erwarb dann mit Sondererlaubnissen von König Friedrich II. Veitel Heine Ephraim, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, den Manufakturbau an der Südseite des Wilhelmplatzes und das erwähnte Eckgrundstück als Privateigentum sowie die Gold- und Silbermanufaktur zur Erbpacht. Die Statuen preußischer Militärs Nach Ende des Siebenjährigen Kriegs im Jahr 1763 entwickelte sich der Plan, auf dem Wilhelmplatz Statuen der im Krieg gefallenen preußischen Generale zu errichten. So entstanden zunächst vier freistehende, in Marmor ausgeführte Einzelfiguren von Generalfeldmarschall Kurt Christoph Graf von Schwerin (Bildhauer: François Gaspard Adam und Sigisbert François Michel, aufgestellt 1769), Generalfeldmarschall Hans Karl von Winterfeldt (Johann David Räntz und Johann Lorenz Wilhelm Räntz, 1777), General Friedrich Wilhelm von Seydlitz (Jean-Pierre Antoine Tassaert, 1781) und Generalfeldmarschall James Keith (Jean-Pierre Antoine Tassaert, 1786). Sie bildeten die Militärs in eher konventioneller Form ab. Schwerin und Winterfeldt waren in antikisierender Manier mit römischen Kleidern und Waffen dargestellt, Seydlitz und Keith in zeitgenössischen Uniformen. In den Jahren 1794 und 1828 wurden zwei weitere Statuen am Wilhelmplatz aufgestellt, die ursprünglich für andere Berliner Stadtplätze bestimmt gewesen waren. Sie stammten von dem bedeutenden Berliner Bildhauer Johann Gottfried Schadow. Bei den Skulpturen handelte es sich um Darstellungen von Hans Joachim von Zieten und von Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau, genannt „Alter Dessauer“. Das Standbild Zietens war für den ebenfalls in Berlin-Mitte gelegenen, heute nicht mehr existierenden Dönhoffplatz vorgesehen gewesen, das Denkmal Anhalt-Dessaus hatte seit 1800 zunächst an der Südwestecke des Lustgarten gestanden und wurde dann gemäß der Planung von Karl Friedrich Schinkel (der beide Stadtplätze neu gestaltete) umgesetzt. Zusammen prägten die sechs Skulpturen den Wilhelmplatz bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Wegen der Anfälligkeit des Materials wurden auf Anraten von Christian Daniel Rauch ab 1857 von dem Bildhauer August Kiß Bronzeversionen der Marmorskulpturen hergestellt. Sie ersetzten die Originale, die in geschlossenen Räumen aufgestellt werden sollten. Allerdings gestaltete Kiß die Skulpturen Schwerins und Winterfeldts völlig neu und befreite sie von ihrem antiken Erscheinungsbild. Die Originale vom Wilhelmplatz fanden nach wechselnden Standorten 1904 eine Unterkunft in der kleinen Kuppelhalle des Bode-Museums.[16] Sowohl Marmor-Originale wie Bronzeversionen überstanden den Zweiten Weltkrieg, blieben danach aber jahrzehntelang in verschiedenen Depots den Blicken der Öffentlichkeit entzogen. Erst im Zuge einer Preußen-Renaissance in der DDR seit den 1980er Jahren wurde über eine Wiederaufstellung diskutiert. Anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 überführte man dann die Marmor-Originale wieder in die kleine Kuppelhalle des Bode-Museums. Die Bronzeversionen wurden zu gleicher Zeit vor dem Alten Museum im Lustgarten aufgestellt, in den 1990er Jahren aber wieder eingelagert. Nach der Jahrtausendwende plante man auf Betreiben der Berliner Schadow-Gesellschaft, die Statuen der preußischen Militärs in der Nähe ihrer historischen Standorte wieder aufzustellen. Die Bronzekopien der Denkmale von Zieten und Anhalt-Dessau wurden 2003 und 2005 auf der U-Bahn-Insel an der Querachse des ehemaligen Wilhelmplatzes wiedererrichtet. Die restlichen vier Bronzestatuen fanden im September 2009 einen neuen Standort auf dem benachbarten Zietenplatz, nachdem dessen 2005 begonnene Rekonstruktion abgeschlossen war. Seit 2011 stehen die Statuen als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Der Wilhelmplatz bis 1871 Umgestaltung durch Schinkel und neue Anwohner Schinkel unterbreitete seinen Vorschlag, das Denkmal von Anhalt-Dessau auf den Wilhelmplatz zu versetzen, im Rahmen der von ihm verantworteten Umgestaltung der Platzanlage im Jahr 1826 – der bis dahin umfangreichsten Veränderung des Areals. Den Denkmalen wies er neue Standorte an den Enden der beiden Platzdiagonalen und der Querachse zu. Außerdem gab er dem Areal mit Rasenflächen, Lindenbäumen und einem ovalen Gehweg, der die Ränder des Platzes tangierte, das Erscheinungsbild eines Parks. Die Randbebauung des Wilhelmplatzes wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts teilweise durch Anbauten erweitert, teils durch größere Neubauten ersetzt. Der mehrfache Besitzer- und Nutzerwechsel von Stadtpalais führte auch zu deren neuer Bezeichnung. Das Palais Schulenburg gehörte Anfang der 1790er Jahre kurzzeitig Sophie von Dönhoff, der morganatischen Ehefrau von König Friedrich Wilhelm II.. 1796 kam es in den Besitz von Anton Fürst Radziwill und war fortan als „Palais Radziwill“ bekannt. Während der napoleonischen Besetzung Berlins residierte in ihm der französische Stadtkommandant. In den kommenden Jahrzehnten befand sich im Palais Radziwill einer der führenden Berliner Salons, der aufgrund des Katholizismus der Hausherren im protestantischen Preußen gleichermaßen Aufsehen wie Abneigung erregte. Begleitet von eigenen Kompositionen ließ Radziwill, ein großer Bewunderer Goethes, im Haustheater des Palais 1819/1820 Faust I uraufführen. Mit der Auflösung des Johanniterordens im Zuge der Preußischen Reformen fiel das Ordenspalais 1811 an den Staat. König Friedrich Wilhelm III. übertrug es anlässlich dessen Verlobung 1826 auf seinen dritten Sohn Carl von Preußen. So wurde aus dem Ordenspalais das „Palais Prinz Karl“ mit der neuen Nummerierung Wilhelmplatz 8/9. Karl ließ durch Friedrich August Stüler auf Grundlage von Plänen Schinkels 1827−1828 das Innere des Barockgebäudes umgestalten, das Äußere klassizistisch überformen und ein rechtes Seitengebäude errichten. Bis zu seinem Tod 1865 zeichnete Stüler für die Umgestaltung einer ganzen Reihe von Gebäuden in der Wilhelmstraße verantwortlich. Das ehemalige Palais Marschall, das bereits im 18. Jahrhundert mehrmals den Besitzer gewechselt hatte, erwarb 1800 der Geheime Staatsminister Otto Carl Friedrich von Voß. Es hieß danach entsprechend „Palais Voß“. In einem dazugehörigen Gartenhaus wohnten zwischen 1811 und 1814 Achim und Bettina von Arnim. In einem Brief an Goethe beschrieb Letztere ihre Lebenssituation dort mit den Worten: „Ich wohne hier in einem Paradies!“ Die Anfänge des Regierungsviertels „Wilhelmstraße“ Bereits am Ende des 18. Jahrhunderts zeigte sich, dass preußische Adlige zur dauerhaften Unterhaltung der stattlichen Palais in der nördlichen Wilhelmstraße finanziell häufig nicht in der Lage waren. So kam es zu einzelnen Verkäufen an Vertreter des aufstrebenden Bürgertums, die die Gebäude teilweise wirtschaftlichen Zwecken zuführten, zum Beispiel als Manufakturen, Verlagshäuser oder indem sie Teile vermieteten. Auf kleineren Parzellen der Umgebung waren außerdem schon frühzeitig „richtige“ Bürgerhäuser entstanden. In einer Gegenbewegung begann in den 1790er Jahren auch der Staat Preußen, Grundstücke und Gebäude an der Wilhelmstraße zu erwerben und sie für öffentliche Zwecke zu verwenden. Es war beabsichtigt, das Erscheinungsbild von Wilhelmplatz und Umgebung als „Schaufenster“ der aristokratisch-preußischen Tradition zu bewahren. Die administrative und räumliche Trennung von Hof und Regierung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingesetzt hatte, verstärkte sich nach den Befreiungskriegen. Eigenständige Ministerien und Behörden begannen sich herauszubilden. Da diese engen Kontakt untereinander halten sollten, entstand im Laufe des 19. Jahrhunderts ein zunächst preußisches, dann reichsdeutsches Regierungsviertel, das unter dem Metonym „Wilhelmstraße“ bekannt wurde. Schon bald folgten Gesandte deutscher oder ausländischer Staaten, die sich in freien Wohnungen der Umgebung einmieteten. In den 1840er Jahren hatten beispielsweise die Gesandtschaften von Belgien, Mecklenburg-Strelitz und Württemberg ihren Sitz am Wilhelmplatz. Das erste Haus am Wilhelmplatz, das preußische Regierungsfunktionen erfüllte, war das Ordenspalais. Das Gebäude beheimatete ab 1817 Abteilungen des preußischen Generalstabes und ab 1820 zusätzlich Büros des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten. Beide Behörden mussten 1827 umziehen, als das Ordenspalais an Prinz Karl überging. Das Außenmininisterium bezog daraufhin das von den Erben Ephraims erworbene, südliche Eckgebäude Wilhelmstraße 61/Wilhelmplatz 1. Der preußische Staat übernahm 1844 auch das durch Umbau im Jahr 1823 stark veränderte Gebäude der Gold- und Silbermanufaktur (deren Produktion nur noch in rückseitigen Anbauten lief) in der Wilhelmstraße 79. Ab 1848 residierte hier das neu gegründete Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Das Gebäude wurde 1854/55 durch Stüler erneut umgebaut und dabei aufgestockt. Der Wilhelmplatz im Deutschen Kaiserreich Neue Regierungsgebäude um den Platz Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1871 rückte die Wilhelmstraße ins politische Zentrum einer europäischen Großmacht. Durch Umgestaltung existierender preußischer und Gründung neuer Reichsämter, -behörden und -gremien ergab sich Bedarf für repräsentative Amtsgebäude. Auch die Schaffung von Dienst- und Wohnraum für Staatssekretäre und Beamte trug zu einem neuen (Um-)Bauboom am Wilhelmplatz bei. Seine Umgebung erhielt dabei einen nüchtern-dienstlichen Charakter, der keinen Raum für Ladenlokale oder Gaststätten ließ. Bis in die NS-Zeit hinein blieb der Wilhelmplatz einer der wenigen zentral gelegenen Plätze in Berlin, an denen es keine Straßencafés gab. Das 1870 zunächst als Institution des Norddeutschen Bundes neu geschaffene Auswärtige Amt ließ sich kurzzeitig an der Südseite des Wilhelmplatzes nieder. Dabei übernahm es das zuvor bereits vom preußischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten benutzte Eckgebäude Wilhelmstraße 61 /Wilhelmplatz 1. Der Einzug erfolgte 1877 nach Abriss dieses Gebäudes und dem Neubau (1874–1877) nach Plänen von Wilhelm Neumann, ausgeführt von Richard Wolffenstein. Einen eklektizistischen Stil nutzend, der sich in der äußeren Form am Palazzo Strozzi in Florenz orientierte, verbanden die Architekten ornamentale Elemente der Renaissance und des Klassizismus. Gleichzeitig erfolgte eine Angliederung des 1873 erworbenen, im Inneren umgebauten Gebäudes Wilhelmplatz 2. Nach Umzug der am südlichen Wilhelmplatz residierenden Teile des Auswärtigen Amtes in den nördlicher gelegenen Bereich der Wilhelmstraße (Nr. 75/76) wurde das Eckgebäude Wilhelmstraße 61 /Wilhelmplatz 1 ab 1882 vom Reichsschatzamt genutzt, der 1879 geschaffenen obersten Finanzbehörde des Deutschen Kaiserreichs. Im Nachbarbau Wilhelmplatz 2 hatte von 1887 bis 1894 das Reichsversicherungsamt seinen Sitz, anschließend wurde aber auch er vom Reichsschatzamt belegt. 1909 wurde das Gebäude komplett umgestaltet und äußerlich der Wilhelmstraße 61 angepasst. Schon 1904 war der Komplex durch Angliederung der Wilhelmstraße 60 südlich erweitert worden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite breitete sich das bereits seit 1848 in der ehemaligen Gold- und Silbermanufaktur residierende Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten (Wilhelmstraße 79) ebenfalls räumlich aus. Zwei Erweiterungsbauten in der Wilhelmstraße 80 und der (neu geschaffenen) Voßstraße 35 wurden dem Komplex 1869/1870 bzw. 1875/1876 angeschlossen. 1878 wurde der Gebäudetrakt Hauptsitz des ausgegliederten neuen Ministeriums für öffentliche Arbeiten, dem vor allem das Hochbau- und Eisenbahnwesen in Preußen unterstand. Weitere Gebäude in der Leipziger Straße (Nr. 125) und der Voßstraße (Nr. 34) band man 1892 bis 1894 bzw. bis 1908 an. Reichskanzler Otto von Bismarck beeinflusste mit seiner Entscheidung für den Dienstsitz der 1878 neu geschaffenen Reichskanzlei jedoch am stärksten die weitere Entwicklung des Areals. Statt ein eigentlich für diesen Zweck 1872–1874 von Neumann in der Wilhelmstraße 74 neu errichtetes Gebäude zu beziehen, wählte Bismarck das ehemalige Palais Radziwill (Wilhelmstraße 77) an der Nordwestecke des Wilhelmplatzes. Bismarck hatte den Ankauf des Gebäudes betrieben, um zu verhindern, dass private Investoren sich Häuser an der Wilhelmsstraße sicherten. Der sich stets erweiternde Raumbedarf der Exekutive sollte fußläufig zu den bereits bestehenden Einrichtungen befriedigt werden. Ein Gesetz legte 1874 fest, dass der orbitant hohe Kaufpreis von zwei Millionen Mark mit französischen Reparationszahlungen für den Krieg von 1870/1871 gedeckt wurde. Gleichsam „eingeweiht“ für seine neue Bestimmung wurde das Gebäude im Juni/Juli 1878 beim Berliner Kongress, der in seinen Mauern stattfand. Sonstige Veränderungen Neben den Folgen des Wachsens des Regierungsviertels veränderten zwischen 1871 und 1914 vor allem drei städtebauliche Entwicklungen das Erscheinungsbild des Wilhelmplatzes radikal. Gebäude und Gelände des Palais Voß fielen 1871 ins Eigentum der Deutschen Baugesellschaft. Diese entwickelte aus Spekulationsgründen den Plan, das Palais abzureißen und das gesamte Gelände für eine neue Stichstraße zur Königgrätzer Straße, der heutigen Ebertstraße, zu erschließen. Die beiderseitig der neuen Verkehrsader auszuweisenden kleinen Parzellen sollten gewinnbringend an Investoren verkauft werden, die dort Geschäftshäuser errichten konnten. Die so neu entstandene, nach dem letzten Grundstücksbesitzer benannte und zunächst private Voßstraße stieß auf die Querachse des Wilhelmplatzes und verband sich mit dem jenseitigen Zietenplatz und der Mohrenstraße zu einer West-Ost-Achse, die sich zwischen Königgrätzer Straße und Hausvogteiplatz erstreckte. Diese Achse wurde Anfang des 20. Jahrhunderts tatsächlich durchgängig für den Straßenverkehr erschlossen, musste dabei aber zwangsläufig auch die schinkelsche Parkanlage durchschneiden und stören. Auf dem frei gewordenen Gelände an der nördlichen Ecke Voßstraße/Wilhelmstraße entstanden zwei neue Stadtpalais: auf dem Grundstück Voßstraße 1 ließ der Industrielle August Julius Albert Borsig 1875–1877 von dem Berliner Architekten Richard Lucae das „Palais Borsig“ im Stil der italienischen Hochrenaissance bauen. Das umgebende winkelförmige Gelände Voßstraße 2 und Wilhelmstraße 78 wurde nach Plänen des Architekten Gabriel-Hippolyte Destailleur und französischen Vorbildern des 18. Jahrhunderts für Hans Heinrich Fürst von Pleß mit dem „Palais Pleß“ bebaut. Die zahlreichen hochragenden Schornsteine brachten diesem bereits 1913 wieder abgerissenen Gebäude angeblich den zeitgenössischen Spitznamen „Schornsteinfeger-Akademie“ ein. Zum markantesten Neubau am Wilhelmplatz im 19. Jahrhundert wurde jedoch das 1873–1875 nach Plänen der Architekten Hude & Hennicke errichtete Grandhotel Kaiserhof. Um Platz für den riesigen Komplex zu schaffen, hatte die „Berliner Hotelgesellschaft“ seit 1872 elf Grundstücke an Wilhelmplatz (Nr. 3 und 5), Zietenplatz (Nr. 1–3 und 5) bzw. an der Mohrenstraße (Nr. 4) und der Mauerstraße (Nr. 56–59) und damit ein ganzes Häuserquartier erworben und die bestehenden Gebäude abreißen lassen. An der Südostseite des Wilhelmplatzes brach man dabei die bisher geschlossene Randbebauung auf und schuf eine neue Verbindung zwischen Mauer- und Wilhelmstraße unter dem Namen Kaiserhofstraße. Durch die Freistellung von angrenzenden Bauten wurde der „Kaiserhof“ noch stärker aus seiner Umgebung herausgehoben. Obwohl sein Haupteingang am Zietenplatz lag, hatte das luxuriös ausgestattete Hotel offiziell die Adresse Wilhelmplatz 3–5. Nur wenige Tage nach seiner Eröffnung, zu der auch Kaiser Wilhelm I. erschienen war, brannte das Hotel am 10. Oktober 1875 aus. Rechtzeitig zum Berliner Kongress im Jahr 1878, bei dem zahlreiche Diplomaten in dem Luxushotel unterkommen sollten, öffnete es jedoch wieder seine Pforten. Bis zur Eröffnung des „Hotel Adlon“ am Pariser Platz im Jahr 1907 setzte der „Kaiserhof“ in Berlin den Standard modern-anspruchsvollen Herbergswesens. Die dritte große Änderung am Wilhelmplatz vor dem Ersten Weltkrieg brachte ab 1905 die Ausdehnung des U-Bahn-Netzes zur Erschließung der historischen Stadtmitte, zunächst bis zum Spittelmarkt. Im Zuge dieses Ausbaus einer West-Ost-Linie entstand unter Wilhelmplatz und Zietenplatz der 1908 eröffnete U-Bahnhof „Kaiserhof“ (heute „Mohrenstraße“). Auf die eigentlich geplante Bezeichnung „Wilhelmplatz“ musste man verzichten, weil es in Charlottenburg bereits eine gleichnamige Station gab (heutiger U-Bahnhof Richard-Wagner-Platz). Eine Doppelstraße, die Zietenplatz und Wilhelmstraße verband, flankierte fortan eine ovale Insel auf der Mitte des Wilhelmplatzes, auf welcher sich der westliche U-Bahn-Eingang befand. Dieser Eingriff zerschnitt das Platzarrangement Schinkels, beließ aber die sechs Bronzestatuen der Militärs an ihren angestammten Plätzen. Allerdings prägten nun nicht mehr sie, sondern der von Alfred Grenander gestaltete Zugang zur U-Bahn und vor allem dessen markante Pergola-Einfassung die Wahrnehmung des Wilhelmplatzes. Der wachsende architektonische Einfluss der Neorenaissance am Wilhelmplatz zeigte sich ab 1894 auch am vom Königlichen Landbauinspektor H. Ditmar entworfenen Gebäude an der südlichen Ecke Zietenplatz /Wilhelmplatz 6 (heute Mohrenstraße 66). Das betreffende Grundstück war schon in den 1730er Jahren baulich erschlossen worden und hatte mehrmals den Besitzer gewechselt. Der 1892 bis 1894 entstandene Neubau gegenüber dem „Kaiserhof“ war für die „Kur- und Neumärkische Haupt- und Ritterschafts-Direktion“ bestimmt, eine Darlehenskasse zur Stützung heruntergewirtschafteter Adelsgüter. Die Anlehnung an das Vorbild Florentiner Stadtpaläste für ein neu errichtetes Bankhaus verstand sich so auch als Anerkennung der Ursprünge der modernen Geldwirtschaft im spätmittelalterlichen Norditalien. Schon bald nach dem Tod von Prinz Carl von Preußen im Jahr 1883 begannen Ausbauarbeiten am inzwischen betagten ehemaligen Ordenspalais. Im rechten Winkel zum Stülerschen Anbau aus den 1820er Jahren entstand nach Plänen des Architekten Reinhold Persius bis 1885 ein neues Hofmarschallsgebäude. Außerdem wurde der zur Wilhelmstraße gelegene Flügel des Palais erweitert und durch Balkone ergänzt. Da Carls Sohn Friedrich Karl knappe zwei Jahre nach seinem Vater starb, trat 1885 dessen Sohn Prinz Friedrich Leopold das Erbe am Wilhelmplatz an. Nach ihm wurde das Gebäude fortan „Palais Prinz Leopold“ genannt. Ritterschaftsdirektion und Hofmarschallgebäude sind die einzigen Teile der historischen Randbebauung des Wilhelmplatzes, die noch existieren. Beide Bauwerke gehören heute zum Komplex des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und stehen unter Denkmalschutz. Veränderungen in der Weimarer Republik Während der Novemberrevolution 1918 entwickelte sich die Reichskanzlei zu einem Hauptschauplatz der dramatischen Ereignisse in Berlin. Hier verhandelte der letzte kaiserliche Reichskanzler Prinz Max von Baden am 9. November mit Friedrich Ebert die Übergabe der Amtsgeschäfte und Letzterer schloss an gleichem Ort am Abend des 10. November bei telefonischen Verhandlungen mit dem Ersten Generalquartiermeister des Heeres den Ebert-Groener-Pakt. In den folgenden, teils chaotischen zwei Monaten zogen durch die Wilhelmstraße Demonstrationszüge der unterschiedlichen Gruppen, die Anspruch auf die politische Macht erhoben und diesen zum Teil mit Gewalt durchsetzen wollten. Die Konsolidierung der Weimarer Republik im Jahr 1919 ebnete den Weg für eine Revision der administrativen Ordnung im Deutschen Reich. Dabei wurde nicht nur die Verantwortung zwischen dem Reich und Preußen neu arrangiert, sondern der Zentralregierung wuchsen auch neue Kompetenzen zu. Der Übergang von einem monarchischen zu einem republikanischen Staatswesen veränderte auch die Umgebung des Wilhelmplatzes. Im Kontrast zu diesen strukturellen Veränderungen hatte der Bauboom am Wilhelmplatz schon seit Beginn des Ersten Weltkriegs nachgelassen. Die Grundstücke befanden sich nun fast alle in staatlichem Besitz oder waren in den Jahrzehnten zuvor mit stattlichen neuen Bauten besetzt worden. Zwar entstanden ab 1919 auch neue Behörden und Ministerien, diese okkupierten aber die nach außen oft unveränderten Gebäude der Kaiserzeit oder mussten wegen zunehmender Raumnot in umliegenden Straßenzügen untergebracht werden. Nach der Umwandlung der bisherigen Reichsämter in Ministerien residierten neben dem Reichskanzler am Wilhelmplatz zwei Reichsministerien: Im Häusertrakt an der Südseite des Platzes, Wilhelmstraße 61/Wilhelmplatz 1, saß zunächst das Reichsschatzministerium, das 1923 in das Reichsfinanzministerium eingegliedert wurde, dessen Hauptsitz dann am Wilhelmplatz lag. Die gegenüberliegende Straßenseite, Wilhelmstraße 79/80, besetzte nach der Auflösung des preußischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten 1921 das neu geschaffene Reichsverkehrsministerium. Aus diesem wurde 1924 aufgrund von Auflagen, die sich aus den deutschen Reparationsverpflichtungen ergaben (Dawes-Plan), die privatisierte Reichsbahngesellschaft ausgegliedert. Sie übernahm das Eckgebäude der ehemaligen Gold- und Silbermanufaktur und die in der Kaiserzeit angegliederten Häuser in der Voßstraße. Zusätzlich wurde dort ein in den 1880er Jahren entstandenes Wohnhaus angeschlossen (Nr. 33), das als einziges Vorkriegsgebäude der Voßstraße heute noch existiert. Der preußische Fiskus und das Haus Hohenzollern stritten nach dem Ersten Weltkrieg um das Eigentum am Palais Prinz Leopold, dessen Namensgeber lebenslanges Wohnrecht in dem Gebäude hatte. Im Jahr 1919 wurde es kurzzeitig als Amtssitz für den neu gewählten Reichspräsidenten in Erwägung gezogen. Wegen des hohen Kaufpreises, des schlechten baulichen Zustandes und Sicherheitsbedenken entschied Ebert sich aber gegen das weitgehend leerstehende Gebäude. Stattdessen wurde die Wilhelmstraße 73 zum Reichspräsidentenpalais umgewandelt. Aber auch das Palais am Wilhelmplatz wurde schließlich vom Staat Preußen angemietet – als Sitz für die neue, zum Auswärtigen Amt gehörende Vereinigte Presseabteilung der Reichsregierung. Diese hielt fortan mit täglichen Pressekonferenzen im Gartensaal des Anwesens Kontakt zu den Medien der Reichshauptstadt. Die zunehmende Raumnot an der Wilhelmstraße beflügelte 1926 Pläne, das inzwischen in die Jahre gekommene, defizitär arbeitende Hotel „Kaiserhof“ zu erwerben und zum neuen Sitz des Reichsfinanzministeriums umzuwandeln. Aus dem Ankauf wurde jedoch nichts. Die einzige Möglichkeit für eine Ausweitung der Büroflächen am Wilhelmplatz bot so eine Baulücke in der Wilhelmstraße 78, die seit dem Abriss des Palais Pleß im Jahr 1913 bestand. Die Reichskanzlei hatte sich das Eigentum des Nachbarareals gesichert, ein anvisierter Anbau war wegen des Weltkrieges jedoch aufgeschoben worden. Angesichts der finanziellen Engpässe, welche die junge Demokratie belasteten, lag das wertvolle Baugrundstück auch nach 1918 noch jahrelang brach und beherbergte nur einige Barackenbauten zur Unterbringung der Wache der Reichskanzlei. Die wachsenden Aufgaben der Reichskanzlei hatten im Palais Radziwill seit 1919 zu einer Ausweitung der Dienstflächen geführt – zu Lasten der für persönliche und repräsentative Zwecke benutzten Räumlichkeiten. Daher reiften 1927 Pläne, alle dienstlichen Funktionen in einen Anbau (auch „Bauteil II“ genannt) auf dem Grundstück Wilhelmstraße 78 auszulagern. In einem vielbeachteten Wettbewerb siegte ein Entwurf der Architekten Eduard Jobst Siedler und Robert Kisch. Sie überzeugten die Juroren mit dem Versuch, die stilverschiedenen Nachbargebäude – das barocke Palais der Reichskanzlei und den Neorenaissance-Bau Palais Borsig – durch ein nüchtern-sachliches Zwischenglied zu verbinden und so „den Wilhelmplatz städtebaulich zu schließen“, wie es in der Wertung des Preiskomitees hieß. Ein auffälliges Turmglied in der rechten Gebäudehälfte betonte aber auch den modernen architektonischen Anspruch. Nach einer teils lebhaft geführten öffentlichen Kontroverse um den vermeintlichen ästhetischen Traditionsbruch wurde der Bau 1928–1930 in leicht abgewandelter Form errichtet. Ein weiteres Bauprojekt am Wilhelmplatz blieb der Öffentlichkeit naturgemäß weitgehend verborgen. Hintergrund war die Planung einer unterirdischen Nord-Süd-Verbindung der Berliner S-Bahn zwischen dem „Potsdamer Bahnhof“ (heute „Potsdamer Platz“) und dem „Stettiner Bahnhof“ über den Bahnhof „Friedrichstraße“. Statt der später ausgeführten Ost-West-Schleife unter dem Pariser Platz und dem S-Bahnhof„ Unter den Linden“ (seit 2009: „Brandenburger Tor“) sah man ursprünglich eine weiter südliche Variante mit Untertunnelung des Gartens der Reichskanzlei vor. Dabei sollte ein eigener S-Bahnhof „Wilhelmplatz“ mit Verbindung zum existierenden U-Bahnhof „Kaiserhof“ entstehen, der teilweise unter dem Grundstück Wilhelmstraße 78 liegen musste. Um keine späteren Baukonflikte mit dem Erweiterungsbau der Reichskanzlei zu verursachen, wurde daher an dieser Stelle zunächst ab 1927 der Bahnhofstunnel im Rohbau angelegt, später aber nie benutzt. Seine Entdeckung durch sowjetische Soldaten im Frühjahr 1945 könnte zur Entstehung von Gerüchten und Spekulationen über mysteriöse NS-Tunnelbauten und deren Funktion im Bereich der Wilhelm- und Voßstraße beigetragen haben. N.ismus und Zweiter Weltkrieg Die N.isten hatten frühzeitig die Nähe des Wilhelmplatzes gesucht und damit ihren Anspruch unterstrichen, die Macht in Deutschland zu übernehmen. Bei seinen Besuchen in der Reichshauptstadt stieg H., A. ab 1930 regelmäßig im Kaiserhof ab, der aufgrund der rechtsnationalen Haltung seiner Betreiber ein Anlaufpunkt völkischer Gruppierungen war. Seit 29. August 1932 residierte die N.-Führung durchgehend in dem Hotel; ein Stockwerk diente als provisorische Parteizentrale. Bezeichnenderweise betitelte G., J. seine 1934 in Buchform veröffentlichten Tagebuchnotizen aus dieser Zeit Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei. Am Abend des 30. Januar 1933 zogen Fackeln tragende Formationen von SA, SS und Stahlhelm vom Brandenburger Tor über Pariser Platz und Wilhelmstraße bis zum Wilhelmplatz, um die Ernennung H.s zum Reichskanzler zu feiern. H. zeigte sich der jubelnden Menge an einem Fenster des Siedler-Anbaus der Reichskanzlei, seinem neuen Amtssitz. Ähnliche Aufmärsche fanden an gleicher Stelle in den folgenden Jahren immer wieder statt, so stets zu H.s Geburtstag am 20. April. Durch die bald übliche Drapierung von Gebäuden mit großformatigen Hakenkreuz-Fahnen änderte sich auch der äußere Charakter des Wilhelmplatzes. Diese „Politisierung“ war ein neues Phänomen in der Geschichte des Regierungsviertels. Spätestens H.s Übernahme des Reichspräsidentenamtes nach Hindenburgs Tod im Jahr 1934 offenbarte die Zentralisierung im n.istischen Staat. Dies ließ auch die Bedeutung der Wilhelmstraße steigen. Der Apparat der alten und neuen Ministerien und Behörden, aber auch der mächtigen Parteidienststellen, richtete sich noch stärker auf die Reichskanzlei am Wilhelmplatz aus, wo H. häufig Streitfälle zwischen den verschiedenen Institutionen entschied. Im März 1933 bezog das neu gegründete Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter G. das alte Palais Prinz Leopold an der Nordseite des Platzes, das zuvor von der Presseabteilung der Reichsregierung genutzt worden war. Bei Umbaumaßnahmen wurde die noch von Schinkel stammende Inneneinrichtung teilweise zerstört. Bis 1940 entstand nach Plänen Karl Reichles ein umfangreicher Erweiterungsbau im Stil n.istischer Architektur. Dieser erstreckte sich bis zur Mauerstraße, wo auch der neue Haupteingang des Ministeriums lag. In den Gebäudetrakt integrierte Reichle das 1885 erbaute Hofmarschallhaus an der Nordostecke des Wilhelmplatzes, veränderte aber dessen Front durch Anlage einer Loggia und gliederte die Fassade durch drei Rundbogenachsen. Der Palaisbau wurde ab 1938 an der Wilhelmstraße verlängert, wobei der schinkelsche Stil beibehalten wurde, die in den 1880er Jahren ergänzten Balkone aber wegfielen. Der im Unterschied zum Palais Prinz Leopold erhalten gebliebene Reichle-Bau steht heute unter Denkmalschutz und fungiert nach Umbau in den Jahren 1997 bis 2001 als Sitz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Dessen Haupteingang (heute Wilhelmstraße 49) befindet sich im von Reichle umgestalteten Hofmarschallhaus. Im Jahr 1933 wurde das Palais Borsig vom Staat angemietet und Vizekanzler Franz von Papen als Dienstsitz zur Verfügung gestellt. Anfang 1934 vom Reich gekauft, nutzten das Gebäude nach der baldigen Abschaffung von Papens Amt Beamte der Präsidialkanzlei sowie die nach dem „Röhm-Putsch“ von München nach Berlin umgezogene Führung der SA. Auch der Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen Fritz Todt hatte hier zeitweise seinen Amtssitz. Für die Zwecke der N.isten erwies sich die alte Gliederung des Wilhelmplatzes als hinderlich. Aus Anlass der Olympischen Spiele 1936 wurde auf Betreiben von G. die Platzanlage umgestaltet. Ziel war es, Raum für Aufmärsche zu schaffen und Massenveranstaltungen auf den „Führerbalkon“ auszurichten, den Albert Speer 1935 im ersten Stock des Erweiterungsbaus der Reichskanzlei angefügt hatte. Diese Baumaßnahme hatte im Kontext eines allgemeinen Umbaus der Reichskanzlei stattgefunden, die der Architekt Paul Ludwig Troost nach H.s Wünschen ausgeführt hatte. Dabei war unter anderem auch das Palais Borsig an die Reichskanzlei angegliedert und innerlich umgestaltet worden. Bei der Veränderung des Wilhelmplatzes entfernte man die Rasenflächen und einen Großteil der Linden. Die Bronzestatuen preußischer Militärs wurden alle an der Ostseite des Platzes aufgestellt, wo eine Lindenreihe erhalten blieb; die die Statuen seit der Schinkel-Zeit umgebenden Gitter fielen der Umgestaltung zum Opfer. Man befestigte den Platz mit Steinplatten und großflächigen Mosaikmustern, an denen Menschenblöcke leicht ausgerichtet werden konnten, und begrenzte ihn durch hohe, zweiarmige Beleuchtungskörper. Der U-Bahn-Eingang wurde stark verkleinert, die Pergola-Einfassung beseitigt und der umführende Straßenzug angepasst. Neben dem Tempelhofer Feld und dem Lustgarten verknüpft sich das Bild von NS-Massenveranstaltungen in Berlin vor allem mit diesem umgewandelten Wilhelmplatz: „Der zentrale Platz des Regierungsviertels, an dem neben der Reichskanzlei auch das Propagandaministerium lag, war damit zu einer Huldigungsstelle für H., A. geworden.“ Als monumentalster Neubau in der Umgebung des Wilhelmplatzes wurde entlang der Voßstraße die von Speer konzipierte Neue Reichskanzlei errichtet, auch als „Bauteil III“ der Reichskanzlei bezeichnet. Ihre Ausmaße und aufwendige Einrichtung sollten insbesondere ausländische Besucher beeindrucken und den Anspruch des Deutschen Reiches auf die Vormachtstellung in Europa unterstreichen. Die Vorbereitungen für den Bau hatten bereits 1934 mit Ankäufen von Grundstücken an der Voßstraße begonnen, die gleichzeitig zu einer Durchgangsstraße verbreitert werden sollte. H. erklärte den Neubau für politisch notwendig und machte dabei keinen Hehl aus seiner Verachtung für die beideren älteren Teile der Reichskanzlei: Das Palais Radziwill sei in der Kaiserzeit mit einer „überladenen Vornehmheit“ verbaut worden, in der Weimarer Republik aber „vermorscht“ und „verkommen“. (Tatsächlich war das Gebäude noch 1932 grundlegend saniert worden und befand sich in einem ausgezeichneten Zustand.) Der „Bauteil II“ habe äußerlich „den Eindruck eines Warenspeichers oder städtischen Feuerwehrgebäudes“ gemacht, innerlich einem „Sanatorium für Lungenkranke“ geglichen. Die NS-Propaganda behauptete anlässlich der Einweihung der Neuen Reichskanzlei im Januar 1939, die Bauzeit habe nur neun Monate betragen. Das war eine doppelte Irreführung, denn zum einen hatten die Bauarbeiten bereits 1937 begonnen, zum anderen war das Gebäude bei der Einweihung nur teilweise fertiggestellt und weitgehend dysfunktional. Weitere Bauarbeiten zogen sich entsprechend bis 1943 hin, wurden aber nicht abgeschlossen. Obwohl ein kleinerer Eingang an der Voßstraße lag, war die Neue Reichskanzlei auf den Wilhelmplatz ausgerichtet. Von dort aus gelangte man über eine Zufahrt („Großes Doppelportal“) in einen hinter Siedler-Bau und Palais Borsig gelegenen, 68 m langen „Ehrenhof“, an dessen Ende sich das Hauptportal befand. Der Hof war mit zwei Statuen von Arno Breker (Die Partei und Die Wehrmacht) und einer von Speer konzipierten Lichtanlage versehen. Für die Durchfahrt war der linke Teil des Siedler-Baus durchbrochen worden. Unsichtbar für die Öffentlichkeit kam es ab Mitte der 1930 Jahre am Wilhelmplatz zum Ausbau eines umfangreichen Bunkersystems. Ein Teil der für H. bestimmten Bunkeranlage („Vorbunker“) wurde schon im Zuge des Umbaus der alten Reichskanzlei geplant und 1935/1936 unter dem neuen Saalgebäude an dessen Nordflügel angelegt. Zwischen 1943 und Herbst 1944 erfolgte unter Federführung von Reichsbaurat Carl Piepenburg der westliche Anbau eines deutlich tiefer gelegenen und mit stärkeren Außenmauern versehenen zweiten Bunkerbaus, in dem H.s persönliche Räumlichkeiten lagen. Einzelne Teile dieses „Führerbunkers“ wurden jedoch nicht fertig gestellt. Der größte Bunkerkomplex lag unter der Neuen Reichskanzlei und zog sich mit 91 Einzelbunkern unter dem ganzen Gebäudetrakt entlang. Einen Teil dieser Bunker an der Voßstraße machte man ab 1940 auch der Öffentlichkeit zugänglich. Weitere Bunkeranlagen in der Umgebung des Wilhelmplatzes befanden sich südlich des U-Bahnhofs „Kaiserhof“ (für die SA-Führung) und unter dem Reichsverkehrsministerium. Durch sporadische Luftangriffe auf Berlin während des Zweiten Weltkriegs wurden ab 1943 zahlreiche Gebäude des Regierungsviertels beschädigt. Zu schweren Schäden kam es vor allen bei Bombardements im Februar 1945. Zerstört wurden die meisten Gebäude am Wilhelmplatz jedoch erst in den letzten Wochen des Krieges, während der Schlacht um Berlin. Ab 21. April 1945 konzentrierte sich der Beschuss durch sowjetische Artillerie auf die Umgebung der Reichskanzlei. Während bei neueren Gebäuden (wie der Neuen Reichskanzlei) zumindest die Außenmauern zum Teil stehen blieben, erwiesen sich einige der älteren Palaisbauten aus dem 18. Jahrhundert als weniger widerstandsfähig. Sie wurden fast vollständig vernichtet. Das galt für den Altbau der Reichskanzlei und für das Palais Prinz Leopold. Das Hotel „Kaiserhof“ wurde bei einem Luftangriff weitgehend zerstört. Auch am Reichsverkehrsministerium und am Reichsfinanzministerium entstanden in den letzten Kriegstagen beträchtliche Schäden. Der Wilhelmplatz verwandelte sich in den letzten Kriegsmonaten in eine Trümmerwüste, durchgesetzt mit Barrikaden und Baracken der Verteidiger des Regierungsviertels. H.s Sekretärin Traudl Junge schildert in ihren Memoiren ihre Eindrücke am 22. April 1945: „Trostlos sieht der Wilhelmplatz aus. Wie ein Kartenhaus ist der Kaiserhof zusammengefallen, seine Trümmer reichen fast bis zur Reichskanzlei. Vom Propagandaministerium steht symbolhaft nur noch die weiße Fassade auf dem kahlen Platz.“ Von der ehemaligen Randbebauung des Wilhelmplatzes blieben nach den Abräumarbeiten und Abrissen der Nachkriegszeit nur das Hofmarschallgebäude und die Ritterschaftsdirektion erhalten. Die Bronzestatuen der preußischen Militärs überstanden die allgemeine Zerstörung: Sie waren bereits nach einem Luftangriff im Januar 1944 abgebaut und in einem Depot eingelagert worden. Wilhelm II., mit vollem Namen Friedrich Wilhelm Albert Victor von Preußen, (* 27. Januar 1859 in Berlin, Preußen; † 4. Juni 1941 in Doorn, Niederlande) entstammte der Dynastie der Hohenzollern und war von 1888 bis 1918 Deutscher Kaiser und König von Preußen. Einleitung Die dreißigjährige Regentschaft Wilhelms II. im Deutschen Reich (von 1888 bis 1918) wird als die wilhelminische Epoche bezeichnet. Herausragende Merkmale waren das Streben des Kaisers nach nationalem Prestige und die Versuche, das Reich in den Rang einer Weltmacht zu erheben. Eng verbunden mit diesem Anspruch war die militärische Aufrüstung des Kaiserreichs und die Forcierung der Kolonialpolitik in Afrika und der Südsee. Dies und die Verwicklung des Deutschen Reichs in verschiedene internationale Krisen (zum Beispiel Krügerdepesche 1896, Marokko-Krisen 1905/06 und 1911, Daily-Telegraph-Affäre 1908) führte zu einer Destabilisierung der Außenpolitik. Die Vorliebe Wilhelms für militärischen Prunk, die sich beispielsweise in zahlreichen Paraden zu den unterschiedlichsten Anlässen ausdrückte, führte auch gesellschaftlich zu einer Überbetonung des Militärs und militärischer Hierarchien bis hinein ins zivile Leben der deutschen Gesellschaft, in der für eine berufliche Laufbahn – nicht nur im Verwaltungsapparat – die Ableistung des Militärdienstes und der militärische Rang eines Menschen von entscheidender Bedeutung war (Militarismus). Der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands während Wilhelms Regentschaft, verbunden mit technologischem, naturwissenschaftlichem und industriellem Fortschritt, begünstigte eine auch vom Kaiser mit getragene allgemein verbreitete Technik- und Fortschrittsgläubigkeit. Innenpolitisch setzte er die für ihre Zeit als modern und fortschrittlich geltende Sozialpolitik Bismarcks fort und erweiterte sie. Er setzte sich für die Abschaffung des Sozialistengesetzes ein und suchte, teilweise erfolglos, den Ausgleich zwischen ethnischen und politischen Minderheiten. Wilhelm II. wollte sowohl die Innen- als auch Außenpolitik des Reiches wesentlich stärker als sein Großvater Wilhelm I. beeinflussen. Das „persönliche Regiment“ des Kaisers war aber in Wirklichkeit eine von häufig wechselnden Beratern gesteuerte Politik, die die Entscheidungen Wilhelms im Urteil der meisten Historiker oft widersprüchlich und letztlich unberechenbar erscheinen ließen. Wilhelm II. nutzte durch seinen sprunghaften Charakter die Macht, die ihm die Reichsverfassung zugestand, nie konsequent, musste aber immer wieder erleben, dass diejenigen, die ihn zu schwerwiegenden Entscheidungen drängten, sich hinter seinem Rücken versteckten, als sich deren Misserfolg abzeichnete. Die Marokkokrisen oder die Erklärung des unbeschränkten U-Boot-Krieges sind nur zwei Beispiele für Entscheidungen anderer Personen, die den Ruf des Kaisers heute nachhaltig belasten. Auch war seine Amtszeit von politischen Machtkämpfen zwischen den einzelnen Parteien geprägt, die es den amtierenden Kanzlern nur schwer möglich machten, längerfristig im Amt zu bleiben. So wurden im Kampf zwischen dem sog. Nationalliberal-Konservativen Kartell, Bülow-Block und Sozialdemokraten fünf von sieben Kanzlern unter kritischem Mitwirken des Parlaments entlassen. Während des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 wurde Wilhelms strategische und taktische Unfähigkeit offenbar. Ab 1916 enthielt er sich zunehmend relevanter politischer Entscheidungen und gab die Führung des Reiches faktisch in die Hände der Obersten Heeresleitung, namentlich in die der Generäle von Hindenburg und Ludendorff, die die Monarchie während der letzten Kriegsjahre mit starken Zügen einer Militärdiktatur versahen. Als Wilhelm II. sich nach Ende des „großen Kriegs” in Folge der Novemberrevolution, die zum Ende der Monarchie und zur Ausrufung der Republik führte, zur Abdankung und zur Flucht ins Exil nach Holland entschloss, hatte das deutsche Kaiserreich den Krieg verloren. Etwa 10 Millionen Menschen waren auf den Schlachtfeldern gefallen. Kindheit und Jugend Wilhelm II. wurde am 27. Januar 1859 in Berlin als ältester Sohn des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen (1831–1888) (vom 9. März bis 15. Juni 1888 Deutscher Kaiser Friedrich III.) und dessen Frau Victoria (1840–1901) geboren und war somit Enkel Kaiser Wilhelms I. (1797–1888) und der englischen Königin Victoria (1819–1901). Die Geburt Wilhelm des Zweiten war ausgesprochen schwierig, der Prinz kam als Steißgeburt zur Welt und überlebte nur durch das couragierte Eingreifen einer Hebamme, die das leblose Baby ganz gegen das Protokoll mit einem nassen Handtuch schlug. Der linke Arm des Kindes war so verletzt, dass er zeitlebens gelähmt und deutlich kürzer blieb. 101 Salutschüsse verkündeten das freudige Ereignis, eine jubelnde Menschenmenge versammelte sich vor dem Kronprinzenpalais, die Thronfolge im Hause Hohenzollern war gesichert. Keinen gesunden Thronfolger geboren zu haben, empfand Prinzessin Victoria als persönliches Versagen und war nur schwer bereit, die Behinderung des Sohnes zu akzeptieren. Kronprinz Wilhelm erlebte eine Kindheit voll Torturen, nichts blieb unversucht, seine Behinderung zu beheben. Legendär sind Kuren wie das Einnähen des kranken Armes in ein frisch geschlachtetes Kaninchen oder Metallgerüste, die Wilhelm umgeschnallt wurden, um seine Haltung zu verbessern. Wilhelm, von Geburt an durch diesen verkümmerten Arm behindert, verbrachte laut eigenen Aussagen „eine recht unglückliche Kindheit“. Wie im Hochadel üblich, traten seine Eltern als unmittelbare Erzieher ganz hinter seinem calvinistischen Lehrer Georg Ernst Hinzpeter zurück. Als Siebenjähriger erlebte er den Sieg über Österreich-Ungarn 1866 mit der daraus resultierenden Vorherrschaft Preußens in Deutschland. Mit zehn Jahren, im damals üblichen Kadettenalter, trat er beim 1. Garde-Regiment zu Fuß formell als Leutnant in die preußische Armee ein. Als Zwölfjähriger wurde er mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches nach dem Sieg über Frankreich 1871 auch übernächster Anwärter auf den deutschen Kaiserthron. Nach dem Abitur am Friedrichsgymnasium in Kassel trat er am 9. Februar 1877 seinen realen Militärdienst bei seinem Regiment (6.Kompagnie, Hauptmann v. Petersdorff) an. 1880 wurde er am 22. März, dem Geburtstag seines Großvaters Kaiser Wilhelm I., zum Hauptmann befördert. Bereits in diesen Jahren bildete sich bei ihm ein Verständnis seiner monarchischen Rolle, das den liberal-konstitutionellen Vorstellungen seiner Eltern zuwiderlief. Seine folgenden Lebensstationen sind unter dem Aspekt einer Erziehung zum Monarchen zu sehen: Er sollte möglichst vielerlei Erfahrungen sammeln, erhielt aber in keinem Feld, nicht einmal im militärischen, die Chance, sich beruflich solide einzuarbeiten. Zum Studium begab er sich an die von seinem Urgroßvater gegründete Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er nichtschlagendes Mitglied des Corps Borussia wurde. 1881 heiratete er Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (22. Oktober 1858–11. April 1921). Bis 1888 war er dann wechselnden Regimentern zugeordnet, dem 1. Garde-Regiment zu Fuß, dann dem Garde-Husaren-Regiment und dem 1. Garde-Feldartillerie-Regiment, wurde schnell bis zum untersten Generalsrang (Generalmajor) befördert und zuletzt Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade. Der Militärdienst wurde immer wieder durch Beurlaubungen unterbrochen, damit er sich auch soweit möglich mit der zivilen Verwaltung vertraut machen konnte. Sehr gründlich konnte dies nicht geschehen, denn immer mehr Eile war geboten: Sein Großvater stand im höchsten Alter, und sein Vater war mittlerweile todkrank. Für die Regierungsgeschäfte war dies weniger problematisch, als man vermuten konnte, da bereits seit 1862 Otto von Bismarck, zunächst als preußischer Ministerpräsident, ab 1871 als Reichskanzler die politische Macht fest in seiner Hand konzentriert hatte. Bismarck war nach drei siegreichen Kriegen (1864, 1866, 1870/71) und als Einiger Deutschlands zur stärksten kontinentaleuropäischen Macht ein weltweit respektierter Staatsmann. Wilhelm I. und Friedrich III. hatten ihm gelegentlich opponiert und am Ende stets vertraut. Von diesem Vertrauen hing allerdings nach der Reichsverfassung der Reichskanzler ab, nicht vom Vertrauen des Reichstags. Bismarck baute selbstbewusst darauf, auch den dritten Kaiser lenken zu können. Das Jahr 1888 ging als Dreikaiserjahr in die Geschichte ein. Nach dem Tode Wilhelms I. am 9. März 1888 regierte Friedrich III. aufgrund seiner bereits fortgeschrittenen Krankheit (Kehlkopfkrebs) nur für 99 Tage (der „99-Tage-Kaiser“). Friedrich III. starb am 15. Juni in Potsdam. An diese Konstellation hatte der 29-jährige Wilhelm II. bei seinem Amtsantritt anzuknüpfen. Er wünschte, ein Kaiser aller Deutschen zu sein. Regentschaft und Politik Soziale Reformen „[...], weil die Arbeiter meine Untertanen sind, für die ich zu sorgen habe! Und wenn die Millionäre nicht nachgeben, werde ich meine Truppen zurückziehen und wenn ihre Villen erst in Flammen stehen, werden sie schon klein beigeben!“ (Wilhelm II. zu Otto von Bismarck, als er sich weigerte, Soldaten zur Niederschlagung eines Streiks im Ruhrgebiet zu schicken.) Dieses Zitat und andere Äußerungen Wilhelms in den ersten Jahren seiner Regentschaft weckten in der Arbeiterschaft zunächst Hoffnungen auf einen sozialen Wandel im Reich. Die Sozialpolitik lag Wilhelm II. durchaus am Herzen. Allerdings folgten seinen sozialen Reformen keine strukturellen Veränderungen im Reich. Im Gegenteil, er baute seinen politischen Einfluss noch aus und lehnte eine Demokratisierung der Verfassung ab. Preußen behielt das seit Anfang der 1850-er Jahre bestehende undemokratische Dreiklassenwahlrecht, das eine repräsentative Landtagsvertretung verhinderte. Nach wie vor wurde die Regierung nicht vom Reichstag gewählt, sondern vom Kaiser ohne Berücksichtigung der parlamentarischen Verhältnisse bestimmt oder entlassen. Es war dem Kanzler aber auch nicht möglich ohne Mehrheit im Parlament Gesetze zu erlassen oder den Haushalt zu beschließen. Das Parlament war in seiner Macht, als echte Legislative, nicht zu unterschätzen. Bei alledem forderte Kaiser Wilhelm II. noch während Bismarcks Kanzlerschaft am 178. Geburtstag Friedrichs des Großen in einer Proklamation an sein Volk, mit der Devise: „Je veux être un roi des gueux“ (frz.; zu dt.: „Ich will ein König der armen Leute sein“) das Verbot der Sonntagsarbeit, der Nachtarbeit für Frauen und Kinder, der Frauenarbeit während der letzten Schwangerschaftsmonate sowie die Einschränkung der Arbeit von Kindern unter vierzehn Jahren. Außerdem forderte er bei dem zur Erneuerung anstehenden „Gesetz wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ („Sozialistengesetz“) die Streichung des Ausweisungsparagraphen, der die Polizei zur Ausweisung „gefährlicher Sozialisten“ aus ihrem Heimatort berechtigte. Reichskanzler Bismarck kommentierte dies als „Humanitätsduselei“ und verweigerte sich dem in seinen Forderungen durch den Reichstag unterstützten Kaiser. Seine Forderungen konnte der junge Kaiser erst mit dem Nachfolger Bismarcks durchführen, Leo von Caprivi. Allerdings war Wilhelm II. bei allen sozialen Ambitionen so wenig ein Freund der Sozialdemokratie, wie Bismarck es gewesen war. Im Gegenteil hoffte er, durch seine Reformen die Sympathien für die trotz der Sozialistengesetze erstarkte Sozialdemokratie zu schwächen und durch die Aufhebung des repressiven Sozialistengesetzes der 1890 von SAP in SPD umbenannten Partei ihren Märtyrerbonus zu nehmen. Die Sozialdemokraten ihrerseits ließen sich nicht von dem Reformen Wilhelms II. beeindrucken und setzten unter August Bebel aus ihrem antimonarchistischen Selbstverständnis heraus weiter auf Fundamentalopposition. Obwohl sie den Fortschritt der im Arbeitsschutzgesetz zusammengefassten Reformen sahen, stimmten sie im Reichstag dagegen. Sie forderten grundlegende strukturelle Veränderungen wie zum Beispiel eine Verfassungsänderung, Demokratisierung, ein ausgeweitetes Wahlrecht, Vorrang des Parlaments bei politischen Entscheidungen, eine Umstrukturierung des Haushalts, deutliche Senkung der Rüstungsausgaben, Freiheit für die Kolonien und anderes mehr, für den Kaiser unerfüllbare Anliegen, die seinen Hass auf die Sozialdemokratie noch steigerten. Der Wohlstand der deutschen Arbeiterschaft stieg von Jahr zu Jahr, doch gelang es Wilhelm II. nicht, den Arbeitern in den Städten das Gefühl zu geben, anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu sein, was zu starken Stimmenzuwächsen der Sozialdemokraten im Reichstag und den Landtagen der Länder führte. Diese Vorgänge ließen in Wilhelm II., der immer noch „ein König der Armen“ sein wollte, das Urteil reifen, dass eine Versöhnung mit den Sozialdemokraten nicht möglich sei. Er rief schließlich in Königsberg „zum Kampf für Religion, Sitte und Ordnung, gegen die Parteien des Umsturzes!“ auf. Überblick der unter der Herrschaft Wilhelms II. erlassenen sozialen Reformen 1889: Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni (für Arbeiter) 1890: Aufhebung des Sozialistengesetzes 1890: Gründung von 31 Versicherungsanstalten – Vorläufer der Landesversicherungsanstalten (LVA) 1891: Auszahlung der ersten Renten an dauernd Erwerbsunfähige und an Arbeiter über 70 Jahre 1891: Arbeiterschutzgesetz vom 1. Juni (23. Novelle zur Reichsgewerbeordnung) mit Frauenschutz, eingeschränkter Nachtarbeit, Sonntagsruhe und Kinderschutz 1891: Einführung der staatlichen Gewerbeaufsicht 1891: Zulassung freiwilliger Arbeiterausschüsse in Betrieben 1891: Verbot der Sonntagsarbeit in Industrie und Handwerk 1892: Novellierung des Krankenversicherungsgesetzes mit Erweiterungen der Versicherungspflicht (Ausweitung auf Familienangehörige) 1895: Verbot der Sonntagsarbeit für das Handelsgewerbe. 1899: Invalidenversicherungsgesetz 1901: Förderung des Arbeiterwohnungsbaus 1905: Arbeiterausschüsse werden in Bergbaubetrieben zur Pflicht 1908: Höchstarbeitszeit, keine Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche 1911: Reichsversicherungsordnung (RVO) 1911: Einführung der Hinterbliebenenrente 1911: Versicherungsgesetz für Angestellte 1911: Hausarbeitsgesetz (Regelung der Heimarbeit) 1916: Herabsetzung des Rentenalters für Arbeiter von 70 auf 65 Jahre 1916: Herabsetzung des Rentenalters für Frauen auf 60 Jahre Entlassung Bismarcks und Antritt Caprivis [Bearbeiten] In der letzten Periode der Regierungszeit Bismarcks hatte das Deutsche Reich einer „Kanzlerdiktatur“ geglichen, dessen politische Ziele nicht die des jungen Kaisers waren. Bismarck wollte Russland als einen starken Verbündeten, Wilhelm II. vertraute auf Österreich-Ungarn. Bismarck wollte den „Kulturkampf“ gegen den politischen Katholizismus fortsetzen, der Kaiser war strikt dagegen. Bismarck wollte das Sozialistengesetz verschärfen, Wilhelm II. wollte es abschaffen: „Ich will meine ersten Regierungsjahre nicht mit dem Blut meiner Untertanen färben!“ Als der Reichskanzler hartnäckig blieb, schickte der Kaiser am Morgen des 17. März 1890 den Chef seines Militärkabinetts, General v. Hahnke, in die Reichskanzlei: Der Kanzler solle am Nachmittag ins Schloss kommen und sein Abschiedsgesuch mitbringen. Dieses wurde ihm am nächsten Morgen aber nur durch einen Boten gebracht. Am 20. März 1890 entließ Wilhelm II. den Reichskanzler Otto von Bismarck. Bismarck überwand dies nie und sorgte indirekt durch vielfach lancierte Kritik an den „Hintermännern“ der wilhelminischen Politik und durch sein Memoirenwerk Gedanken und Erinnerungen für nachhaltige Kritik an Wilhelm II . (Der dritte Teil der Memoiren, in welchem Bismarck seine Entlassung darstellte, wurde in der Tat wegen extremer politischer Brisanz erst 1919 veröffentlicht, als Deutschland Republik geworden war.) Aus der Bismarckschen Darstellung geht explizit hervor, wie isoliert er zum Zeitpunkt der Entlassung schon war, dass er nicht einmal bei den Angehörigen seines eigenen Kabinetts Unterstützung fand und dass sein Stellverteter, Karl Heinrich von Boetticher, in seiner Abwesenheit und ohne seine Billigung mit dem Kaiser in dessen Sinne verhandelt hatte. Bismarck wollte das unterbinden und berief sich auf eine (38 Jahre alte) Kabinettsorder, die es den preußischen Ministern untersagte, ohne Billigung des Kanzlers mit dem Souverän zu sprechen. Damit war für den Kaiser das Maß voll und Bismarck musste „aus Gesundheitsgründen“ sofort zurücktreten. Der Rücktritt Bismarcks war somit zwar primär innenpolitisch begründet, aber langfristig gesehen vor allem außenpolitisch fatal. Bezeichnenderweise erinnerte man nur in Wien, nicht dagegen in St. Petersburg, sofort und explizit an Bismarcks Verdienste (Brief vom Kaiser Franz Joseph I.). Als Bismarcks Nachfolger ernannte Wilhelm II. den General Leo von Caprivi (1831–1899). Caprivi wurde vom Kaiser als „Mann der rettenden Tat“ gefeiert und ob seiner Leistungen in den Grafenstand erhoben. Mit Caprivi glaubte Wilhelm II. eine anerkannte Persönlichkeit gefunden zu haben, mit der er seine geplante Politik der inneren Versöhnung sowie das Arbeitsschutzgesetz durchzusetzen hoffte. Ein wichtiges außenpolitisches Ereignis fiel (quasi „genau passend“) in dieses Jahr des Kanzlerwechsels: Der Rückversicherungsvertrag mit Russland widersprach teilweise den Bedingungen des Dreibundpaktes mit Italien und Österreich-Ungarn. Der Kaiser war gegen ein Verletzen des letztgenannten Paktes, während Bismarck den Rückversicherungsvertrag seinerzeit für unbedingt notwendig gehalten hatte. Jetzt, 1890, ging es um seine Verlängerung. Von der Öffentlichkeit unbemerkt (es handelte sich ohnehin um einen Geheimvertrag), und von Caprivi hingenommen, wurde der auslaufende Rückversicherungsvertrag vom Deutschen Reich bewusst nicht erneuert. In Russland nahm man realistischerweise einen deutschen Kurswechsel an und begann, sich Frankreich anzunähern. Caprivis Kanzlerzeit war durch entschiedene Englandfreundlichkeit geprägt. Er war in der Innenpolitik einer der Hauptverantwortlichen für den Wandel des Deutschen Reiches von der Agrarwirtschaft zur industriellen Exportwirtschaft. Die in diesem Zeitraum gemachten Reformen erleichterten es, dass Deutschland wenig später Großbritannien überholte und zur Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 aufstieg. Das „Made in Germany“ errang zu dieser Zeit den Status einer Garantie für höchste Qualität. Integrationspolitik Die turbulente Vereinigung des alten „Deutschen Bundes“ zu einem „Deutschen Reich“ ohne die deutschen Österreicher - die Kleindeutsche Lösung - brachte einige Probleme mit sich. Die rheinländische, süddeutsche und polnische Opposition gegen die preußische Vorherrschaft stützte sich auf ein sich politisierendes katholisches Bürger-, Arbeiter- und Bauerntum. Als Partei des politischen Katholizismus formierte sich das „Zentrum“. Die Versuche Bismarcks, die katholischen Parteien in ihrer Arbeit zu behindern, führte zu Eingriffen in das Leben der Katholiken. Auch die Judenintegration, die es vorher außer in Preußen nur in wenigen anderen Staaten gab, war jung, und der merkliche soziale Aufstieg der jüdischen Bevölkerung nährte Neid und Antisemitismus in der Bevölkerung. In den östlichen Gebieten Preußens, vor allem in der Provinz Posen, gab es eine starke Unterdrückung der polnischen Minderheit, die zu Unruhen und Gefühlen der Ungerechtigkeit führte. Der Kaiser erkannte die Ernsthaftigkeit dieser Probleme und bezeichnete sie als eine seiner Hauptaufgaben. Am besten gelang die Integrationspolitik mit den Katholiken. Sie waren durch den bismarckschen Kulturkampf benachteiligt und an der Teilnahme am politischen Leben, sowie bei der freien Ausübung ihrer Religion gehindert worden. Schon zu seiner Prinzenzeit war Wilhelm gegen diese Praktiken und befürwortete die Beendigung des Kulturkampfes. Um die Einigkeit zwischen Protestanten und Katholiken im Reich zu verbessern, zahlte das Reich die den Opfern vorenthaltenen Gelder zurück, hob allerdings nicht alle gefassten Beschlüsse und Gesetze dieser Zeit wieder auf. Die östlichen Provinzen Preußens (Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien) waren bis zur Vertreibung nach 1945 mehrheitlich von Deutschen bewohnt, minderheitlich von Polen, dazu regional von Kaschuben und Masuren. In der Provinz Posen (Poznan) stellten die Polen die Mehrheit. Seit der Bismarckzeit versuchte der Staat, die hier lebenden Polen zu germanisieren, was allerdings scheiterte und in offenen Protest mündete. Kaiser Wilhelm II. hob viele dieser Repressionen, die vor allem die Sprache des Unterrichts und später auch des Gottesdienstes regelten, auf und erkannte die Polen als eigenes Volk und Minderheit im Deutschen Reich an. Eine der umstrittensten Bereiche in der Einordnung der politischen Meinung des Kaisers ist seine Beziehung zum Judentum bzw. zum Antisemitismus. Die Historiker gehen hier in den Meinungen weit auseinander, je nachdem welche Quellen sie benutzen. Bei den Reichstagswahlen 1880 zogen zum ersten Mal mehrere antisemitische Parteien in den Reichstag ein. Mit fünf Abgeordneten bildeten sie die „Fraktion der Antisemiten“. Grund für den gestärkten Antisemitismus waren wohl die „Gründerkrise“ und die als relativ stark empfundenen wirtschaftlichen Erfolge jüdischer Unternehmer. Die Juden waren im 1871 gegründeten Deutschen Reich zum ersten Mal freie und gleiche Bürger: Die Einschränkungen, die sie, von Land zu Land unterschiedlich, teilweise zu Schutzbefohlenen eines Herrschers machten und ihnen wirtschaftliche Beschränkungen auferlegten oder ihnen bestimmte Berufsverbote erteilten, waren aufgehoben. Auch der Dienst beim Militär, in Schulen oder der Justiz stand ihnen jetzt offen. Als Reaktion auf den Antisemitismus entstanden gesellschaftliche Gruppen, die letzterem entgegenzuwirken versuchten. So bildeten besorgte Christen den Verein zur Abwehr des Antisemitismus, dem neben Heinrich Mann auch der Historiker Theodor Mommsen beitrat. Im Judentum entwickelten sich neben dem orthodoxen Glauben mehrere Strömungen, teilweise auch mit politischem Hintergrund. So gab es erstens die assimilierten Juden, die sich taufen ließen und das Christentum als Erfüllung des jüdischen Messias-Glaubens akzeptierten. Der jüdische so genannte Reform-Glaube (Reformjudentum) lehnte diese Art ab, passte sich aber in seiner Wesensart fast völlig den deutsch-christlichen Traditionen an. Er hielt Gottesdienst am Sonntag, nicht am Sabbat (Samstag), mit deutscher, nicht hebräischer Liturgie, hielt kürzere Gebete mit Orgeluntermalung und verzichtete auf traditionelle Gebetsbekleidung. Kaiser Wilhelm unterstützte diese Art der Religionsausübung sehr und finanzierte den Bau der Reform-Synagoge in der Berliner Fasanenstraße mit, an deren Einweihung er demonstrativ teilnahm. Eine dritte aufstrebende Richtung war der Zionismus, der die Gründung eines eigenen Judenstaates vorsah. Aus Angst, den Antisemitismus zu bestärken, lehnten die Reformgläubigen auch diese, sehr radikale, ursprüngliche Form des Glaubens ab und strich jegliche Passagen über das gelobte Land aus dem Gottesdienst. Der Kaiser unternahm eine Palästinareise mit Theodor Herzl, dem Begründer des modernen Zionismus in Europa. Auf dieser Reise stiftete er in Jerusalem die Erlöserkirche auf dem Muristangelände. Als Erinnerung an diese Expedition wurde dem Kaiser in Haifa 1982 ein Denkmal gesetzt. Bei seiner Integrationspolitik kam Kaiser Wilhelm II. der Parlamentarismus im Reich entgegen. Anders als heute gab es keine Fünf-Prozent-Hürde, welche das Entsenden von Abgeordneten aus kleineren Parteien verhinderte. So hatten Dänen (1-2 Abgeordnete), Elsass-Lothringer (8-15 Abgeordnete) und Polen (13-20 Abgeordnete) von 1871 bis zur letzten Wahl 1912 stets ihre Fraktion im Reichstag. Juden organisierten sich nicht in einer eigenen Partei. Dies widersprach ihrem Selbstverständnis, deutsche Staatsbürger zu sein, welches durch lange Tradition besonders in Preußen sehr stark ausgeprägt war. Das Wahlsystem grenzte aber auch politische Minderheiten nicht aus. Dies sorgte dafür, dass sich auch die reichsfeindlichen Welfen, aber vor allem die Antisemiten aus der Christlichsozialen Partei und der Deutschen Reformpartei organisieren konnten. Die Zahl ihrer Abgeordneten überschritt aber nie die Zahl der Abgeordneten aus den Parteien der ethnischen Minderheiten. Trotz dieser Unterstützung gibt es von Wilhelm II. mehrere Zitate, die einen antisemitischen Klang haben, so: „Ich denke gar nicht daran wegen der paar hundert Juden und der tausend Arbeiter den Thron zu verlassen!“ Ob er allerdings auf die Juden als Kollektiv schimpfte oder einzelne meinte, z.B. die ihn oft kritisch betrachtenden jüdisch geleiteten Zeitungskonzerne, ist unklar. Die Verurteilung der Juden als Volk ist aber unwahrscheinlich, da er in seinem Freundeskreis nie Unterschiede zwischen Deutschen jüdischer oder christlicher Abstammung machte. Der von Antisemiten geprägte und heute noch verwendete Begriff „Kaiserjuden“ verriet allerdings große Missbilligung von Teilen der Bevölkerung an diesen Kontakten. Wirtschaftspolitik und rüstungspolitische Prioritäten Caprivi setzte einen weiteren von Bismarck verwehrten Wunsch Wilhelms II. durch, die progressive Einkommenssteuer, die höhere Einkommen stärker belastete: die Miquelsche Einkommensteuerreform von 1891. Durch die industriefreundliche und exportorientierte Eindämmung des Protektionismus zog sich Caprivi die Feindschaft der im Bund der Landwirte organisierten Grundbesitzer („Ostelbier“, „Junker“) zu, der sehr eng mit der Konservativen Partei verwoben war. Die nach Abschaffung der Schutzzölle wachsenden Agrarexporte der USA bewirkten für sie einen Preisverfall. Durch die Förderung des Einsatzes von Agrarmaschinen konnte man die Verluste zwar teilweise auffangen, erhöhte aber die agrarprotektionistischen Ansprüche der ohnehin unterkapitalisierten und zu Investitionen genötigten Großgrundbesitzer. 1893 löste Wilhelm II. den 1890er Reichstag auf, jetzt, weil der die auch von ihm gewollte Aufrüstung des Heeres abgelehnt hatte. Im darauf folgenden Wahlkampf siegten die Befürworter der wilhelminischen Politik aus der Konservativen und Nationalliberalen Partei. Auch die von Alfred von Tirpitz propagierte Aufrüstung der Kaiserlichen Marine, im Volk populär (vgl. Matrosenanzug), wurde in der Folgezeit von Wilhelm gefördert (1895 Vollendung des heutigen Nord-Ostseekanals, Ausbau der Marinehäfen Kiel und Wilhelmshaven). In diesem Zusammenhang besetzte und pachtete das Deutsche Reich die chinesische Hafenstadt Tsingtao auf 99 Jahre. Wilhelm erkannte trotz seiner Englandfreundlichkeit nicht, dass damit die weltweite Hegemonialmacht Großbritannien aufs Äußerste beunruhigt wurde. Der anhaltende deutsche Kolonialismus – gegen den Bismarck sich noch gewehrt hatte – wurde von ihm nicht als riskant gegenüber den Großmächten England, Frankreich und Japan erkannt und eher gebilligt: 1899 erwarb das Reich die Karolinen, Marianen, Palau und Westsamoa. Wende in den Reichskanzlerberufungen und außenpolitische Dauerprobleme 1894 wurde Caprivi entlassen. Wilhelm berief erstmals einen Nichtpreußen, den Bayern Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der weder Führungsehrgeiz entwickeln sollte noch entwickelte: 1896 versäumte er, Wilhelm von der Krüger-Depesche abzuhalten, einem Glückwunschtelegramm an die Buren zur Abwehr des britisch inspirierten Jameson Raid, die in Großbritannien mit Empörung aufgenommen und nachhaltig als Abkehr von der englandfreundlichen Politik Caprivis gedeutet wurde. 1900 ersetzte er Hohenlohe durch Graf Bernhard von Bülow, der als Reichskanzler weder die anstehenden innenpolitischen Reformen betrieb noch die sich umgruppierenden außenpolitischen Konstellationen (in Deutschland als Einkreisungspolitik verstanden) zu meistern vermochte. Das Verhältnis zu Frankreich wurde nicht verbessert, England nun auch durch die Flottenpolitik herausgefordert und Russland auf dem Balkan nicht gegen Österreich-Ungarn unterstützt (vgl. dagegen den Rückversicherungsvertrag der Bismarck-Epoche). Wilhelm hatte allerdings bis zur Daily-Telegraph-Affäre und den Eulenburg-Prozessen Vertrauen in Bülow, der sich ihm zudem durch Schmeichelei unentbehrlich machte. Friedenspolitisch ergriff Wilhelm II. erst 1905 eine Initiative: Zwecks Wiederannäherung an Russland, das gerade seinen Krieg gegen Japan zu verlieren drohte, schloss er mit Nikolaus II. den Freundschaftsvertrag von Björkö. Frankreich sollte einbezogen werden. Leider wurde aber der deutsch-russische Freundschaftsvertrag schon 1907 von Russland für gegenstandslos erklärt, weil er mit der französisch-russischen Annäherung, die inzwischen stattgefunden hatte, nicht verträglich sei. Diese Annäherung hatte sich ergeben, nachdem Wilhelm II. 1906 in der Ersten Marokkokrise durch seinen Besuch in Tanger Frankreich stark provoziert hatte. Resultat war überdies eine Verschlechterung der Beziehungen zu Japan, das bisher Preußen/Deutschland als wissenschaftlichen und militärischen Lehrmeister angesehen hatte. 1908 wurde Wilhelms Hilflosigkeit durch die Daily-Telegraph-Affäre deutlich: Er beschwerte sich in einem Interview der Zeitung über seine eigene Regierung: sie sei nicht englandfreundlich genug. Bismarck war ein Meister darin gewesen, seine Politik medial zu flankieren (vgl. die Emser Depesche 1870). Bei Wilhelm II. dagegen sollte das Interview und markige Reden die Politik ersetzen. Ein besonders eklatantes Beispiel gab der Kaiser mit der bereits am 27. Juli 1900 in Bremerhaven gehaltenen Hunnenrede. Mit dem Daily Telegraph-Interview fiel er nunmehr der Reichspolitik in den Rücken, knickte angesichts des deutschen Pressesturms ein und versprach, sich künftig zurückzuhalten. Inzwischen begann die Öffentliche Meinung überhaupt, den Kaiser kritisch zu sehen, und eine Kampagne schadete ihm konkret: Schon 1906 hatte der Journalist Maximilian Harden in seiner Zeitschrift Die Zukunft die Kamarilla um den Kaiser und damit das persönliche Regiment des Kaisers angegriffen. Zu besonders harten Auseinandersetzungen führte seine Enthüllung, dass Philipp von Eulenburg und Hertefeld, ein enger Freund und Berater des Kaisers, homosexuell sei und einen Meineid geleistet habe. Es folgten drei Sensationsprozesse gegen Eulenburg, die trotz „freisprechenden“ Urteils das Ansehen des Kaisers beschädigten. 1909 zerbrach der so genannte Bülowblock, in dem sich die regierungsunterstützenden linksliberalen Parteien, sowie die Nationalliberale und die Konservative Partei zusammengeschlossen hatten. Auslöser war der Versuch Bülows, das preußische Wahlrecht zu reformieren, worauf ihm die im Preußischen Landtag dominierenden Konservativen die Gefolgschaft verweigerten. Sozialdemokraten und Zentrum, die diesen Versuch in seinen Grundsätzen unterstützen, verweigerten trotzdem die Zusammenarbeit mit Bülow. Sie warfen ihm Prinzipienlosigkeit vor, da er erst kurz zuvor in Zusammenarbeit mit den Konservativen neue Repressalien gegen die Polen durchgesetzt hatte. Die Germanisierungspolitik wurde auf Betreiben Kaiser Wilhelms II. beendet. Dass Bülow nun aber, um sich die Loyalität der Konservativen Partei zusichern, die Enteignung von polnischen Gütern erleichterte, ignorierte der Kaiser zunächst, um die stabile Parlamentsmehrheit nicht zu gefährden. Daraufhin entließ er ihn jedoch und ernannte Theobald von Bethmann Hollweg zum Reichskanzler. Er überließ ihm die Außenpolitik, die aber ihre Ziele - Wiederannäherung an England und Distanzierung von der antirussischen Balkanpolitik Österreich-Ungarns - nicht erreichte. Die antifranzösische Politik wurde 1911 in der zweiten Marokkokrise durch deutschen Interventionismus verschärft (der „Panthersprung nach Agadir“), Heer und Flotte wurden weiter verstärkt. Markante Eingriffe Wilhelms unterblieben. Der Kaiser war zwar Militarist, aber kein Bellizist, er wollte trotz seiner kriegerischen Reden im Grunde keinen Krieg. Er tat aber auch zu wenig, um dies deutlich zu machen. Insgesamt ist Wilhelms II. Anteil an der deutschen Außenpolitik umstritten. Während John C. G. Röhl in ihm eine wirkungsmächtige Instanz hervorhebt, die in die Politik des Reiches eigenständig eingriff, sieht die Mehrzahl der Historiker wie Wolfgang Mommsen die zivile Reichsleitung im Zentrum der Verantwortung. Unbestreitbar ist, dass der Kaiser nicht als Koordinator zwischen Außen-, Heeres- und Flottenpolitik wirkte. So kam es, dass Reichskanzler, Heeres- und Marineleitung je unterschiedliche Ziele verfolgten, die miteinander nicht verträglich waren: Vor allem der Aufbau der Flotte schuf ein außenpolitisches Problem. Erster Weltkrieg 1914 in der Julikrise spielte Wilhelm II. eine ambivalente Rolle. Er wollte den Frieden retten und auf der Monarchenebene versuchte er sein Bestes, einen fieberhaften Briefwechsel mit dem russischen Kaiser (Lieber Nicky! – Lieber Willy!), der bei der nunmehr objektiven Kriegsentschlossenheit sämtlicher Kontinental-Großmächte gar nichts bewirkte. Objektiv jedoch steigerte der Kaiser die Kriegsgefahr: Denn er ermächtigte Bethmann Hollweg nach dem Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914, Österreich-Ungarn eine Blankovollmacht für dessen aggressive Politik gegen Serbien zu erteilen. Faktisch wurde nach der österreichisch-ungarischen Kriegserklärung an Serbien die Außenpolitik von Kaiser und Kanzler dem deutschen Generalstab überlassen: Die Mobilmachung im Russischen Reich erlaubte es nach dessen Urteil dem Deutschen Reich nicht, mit der Kriegserklärung an Russland und Frankreich länger zu warten, da sonst der deutsche Schlieffenplan, bei einem Zweifrontenkrieg erst schnell Frankreich, dann Russland zu schlagen, undurchführbar zu werden drohte. Wilhelm mischte sich in der Folge nicht in militärische Zielsetzungen ein, überließ diese aber nicht verfassungsgemäß dem Reichskabinett, sondern der Obersten Heeresleitung. Im Verlauf des Ersten Weltkrieges 1914–1918 wurde die Bedeutung des Kaisers immer geringer. Besonders mit der 3. Obersten Heeresleitung unter Hindenburg und dem dominierenden Ludendorff wurde er 1916–1918 zunehmend von den politisch-militärischen Entscheidungen ausgeschlossen. Jedoch schob die Heeresleitung ihm 1917 die auch im Reich umstrittene Entscheidung über den „uneingeschränkten“ U-Boot-Krieg zu. Er schloss sich – gegen den Rat seines Reichskanzlers – der Meinung der Militärs an und willigte ein, was dann zur Kriegserklärung der USA führte. Diese machten später die Abdankung des Kaisers zur Bedingung für die Eröffnung von Friedensverhandlungen. Ab 1917 hatte Ludendorff eine faktisch diktatorische Position. Auf weitere Reichskanzlerwechsel nahm Wilhelm II. keinen Einfluss, die 1918er Reform der Reichverfassung in Richtung auf eine parlamentarische Monarchie wurde ohne ihn versucht. Durch den Hungerwinter 1917/18 und das völlige Desaster der Kriegsführung, spätestens nach der gescheiterten Frühjahrsoffensive im Westen 1918, war Wilhelm II. im Reich unhaltbar geworden. Dazu kam die Tatsache, dass der Bevölkerung längst bewusst war, dass ein Friedensschluss unter leidlichen Bedingungen („Selbstbestimmungsrecht der Völker") nur noch von der Abdankung ihres Kaisers abhing, da die USA sich weigerten, Friedensverhandlungen vorher zu beginnen. Am 9. November 1918 gab Reichskanzler Prinz Max von Baden (1867–1929) eigenmächtig und ohne Wilhelms II. Einwilligung dessen (!) Abdankung bekannt. Damit war in Deutschland die Monarchie überall am Ende. Der noch im selben Monat vom Kaiser selbst ausgesprochene Rücktritt (s.u.) war angesichts der Situation zwangsläufig (s. Novemberrevolution). Die Folgen konnte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen: Der Sturz der Monarchie ebnete nach Ansicht des späteren britischen Premierministers Sir Winston Churchill den Weg in die Diktatur H., A.s. Am 10. November 1918 fuhr der Kaiser aus seinem Hauptquartier in Spa in die Niederlande und erbat (und erhielt) dort Asyl. Besonders enttäuscht war er von Hindenburg, der ihn fallen ließ, des Weiteren wetterte er gegen „das Judengesindel“ (O-Ton Wilhelm). Er dankte offiziell am 28. November 1918 ab, 19 Tage nach Ausrufung der Republik, gab aber nie den Wunsch auf, wieder auf den Thron zurückzukehren. Text der Abdankungsurkunde: Ich verzichte hierdurch für alle Zukunft auf die Rechte an der Krone Preussen und die damit verbundenen Rechte an der deutschen Kaiserkrone. Zugleich entbinde ich alle Beamten des Deutschen Reiches und Preussens sowie alle Offiziere, Unteroffiziere und Mann- schaften der Marine, des Preussischen Heeres und der Truppen der Bundeskontingente des Treueides, den sie Mir als ihrem Kaiser, König und Obersten Befehlshaber geleistet haben. Ich erwarte von ihnen, dass sie bis zur Neuordnung des Deutschen Reichs den Inhabern der tatsächlichen Gewalt in Deutschland helfen, das Deutsche Volk gegen die drohenden Gefahren der Anarchie, der Hungersnot und der Fremdherrschaft zu schützen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unter- schrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Amerongen, den 28. November 1918 Wilhelm Zeit nach der Abdankung Exil Bis 1920 lebte Wilhelm II. in Amerongen, danach bis zu seinem Tod in dem von ihm erworbenen Haus Doorn in den Niederlanden im Exil. 1921 starb seine Frau. 1922 heiratete er die verwitwete Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath, geborene Prinzessin Reuß ä.L. (1887-1947) („Kaiserin“ in seiner Titulatur, amtlich „Prinzessin von Preußen“). Er versammelte Gelehrte zu kulturhistorischen Studien um sich (Doorner Arbeitskreis), verfasste seine Memoiren und weitere Bücher und hielt sich für die Wiederherstellung der Monarchie bereit. Unter anderem durch den H.putsch 1923 sah er sich darin bestätigt, dass nur ein Monarch Ruhe und Ordnung garantieren könne. Immer wieder äußerte er sich antisemitisch, „Presse, Juden und Mücken“ solle man den Garaus machen, „am besten mit Gas“. 1933 näherte er sich – auch bestärkt durch seine Frau, die im Reich umherreiste – den N.isten an, von denen er sich die Restauration des Kaiserreichs versprach, was sich trotz zweimaligen Besuchs G.s in Doorn bald als unrealistisch erwies. H. hielt ihn hin. Als er im November 1938 von dem antijüdischen Pogrom, der „Kristallnacht“, erfuhr, äußerte er sich entsetzt und hielt es für eine Schande. Bei Besetzung der Niederlande 1940 ließ H. das Anwesen durch die Geheime Feldpolizei abriegeln. Zum deutschen Sieg über Frankreich im Mai erhielt H., A. ein angeblich von Wilhelm II. abgesandtes Glückwunschtelegramm. Darin wurde zwar nicht dem „Führer“ H., aber dem Reichskanzler, und vor allem zum „Sieg der deutschen Waffen“ gratuliert. Ob es von Wilhelm II. stammte, wird stark bestritten, sein damaliger Hausminister Wilhelm von Dommes dürfte der Urheber dieses Telegramms gewesen sein. Tod Wilhelm II. starb am Morgen des 4. Juni 1941 im Haus Doorn. Seine letzten Worte sind zweifelhaft überliefert: „Ich versinke, ich versinke...“. Trauerfeiern im Reich wurden verboten. Die NS-Machthaber erlaubten nur einer kleinen Zahl von Personen (dem engeren Familienkreis, einigen ehemaligen Offizieren) die Fahrt in die besetzten Niederlande zur Teilnahme an der Beisetzung. Der Kaiser wurde zunächst in einer Kapelle nahe dem Doorner Torhaus beigesetzt. Sodann wurde sein Sarg in das nach seinen Zeichnungen posthum erbaute Mausoleum im Park von Haus Doorn überführt. Sein selbst gewählter Grabspruch lautet: „Lobet mich nicht, denn ich bedarf keines Lobes; rühmet mich nicht, denn ich bedarf keines Ruhmes; richtet mich nicht, denn ich werde gerichtet.“ Beide Gattinnen ruhen im Antikentempel am Neuen Palais in Potsdam. Wilhelm II. als Persönlichkeit Auf Grund von Komplikationen bei seiner Geburt war Wilhelms II. linker Arm um 15 cm kürzer als der rechte und teilweise gelähmt, mit daraus resultierenden Gleichgewichtsstörungen und Haltungsschäden sowie häufigen Schmerzen im linken Ohr. Eine besondere elterliche Zuwendung erfuhr er nicht und dankte es mit einem bleibenden Ressentiment besonders gegen seine Mutter, die ihn selbst wiederum, wie in ihren Briefen deutlich zu lesen, hasste. Schmerzvoll waren die Versuche der Familie, seiner Behinderung entgegen zu wirken. Denn der zukünftige König von Preußen sollte ein „ganzer Mann“ und kein Krüppel sein. So musste er sich als Kleinkind z.B. schmerzhaften Elektroschocktherapien unterziehen. Auch wurde erfolglos versucht, seinen verkümmerten Arm zu strecken. Das beruflich oft erforderliche Reiten fiel ihm daher schwer. Diese unbehebbare Behinderung prägte ihn sehr. Er war gehalten, sie stets als einen Makel zu verbergen. Das Tragen von Uniformen und das Abstützen der linken Hand auf der Waffe war ein Ausweg. Die Behinderung machte ihn vermutlich zu einem Menschen mit Selbstzweifeln und geringem Selbstbewusstsein und einer darauf beruhenden Ichverfangenheit, leichten Kränkbarkeit und ihr zufolge Sprunghaftigkeit. Später dürfte diese auch seine sprichwörtliche Reiselust begünstigt haben. Ob mögliche Neurosen eine ernsthafte seelische Erkrankung unterstellen lassen müssten, ist durchaus strittig. Ob auch eine Anlage zu einer Geisteskrankheit vorlag, noch mehr. Ein schwermütiger Zug wird ihm mitunter attestiert. Der noch heute berühmte Psychiater Emil Kraepelin bezeichnete sogar – auf Grund ferndiagnostisch zugänglicher öffentlicher Quellen – Wilhelms Gemüt als einen „typischen Fall periodischen Gestörtseins“, ein freilich bestrittenes Urteil in Richtung auf eine manisch-depressive Disposition. Anhaltende Schwierigkeiten waren Wilhelm II. verhasst, deswegen ließ er auch bewährte Freunde und Parteigänger schnell im Stich, so dass eher diplomatisierende Charaktere, wie Bülow und viele Höflinge, seinen Umgang ausmachten und seine Personalauswahl bestimmten. Offiziere, unter denen er sich wohlfühlte, erweiterten sein Urteil wenig, denn sie hatten im Zweifel die politischen Vorurteile ihrer kastenartig abgeschlossenen Berufsgruppe, und auch ihr Stil des Schwadronierens färbte auf ihn ab. Von seiner Persönlichkeit her gesehen behinderten narzisstische Züge seine Einfühlungsgabe und sein Urteil über Andere, wie z.B. über Nikolaus II. von Russland. Seine Taktlosigkeiten waren bekannt. Sie fielen seiner Mitwelt besonders bei seinem Regierungsantritt und bei Bismarcks Entlassung ins Auge, die dieser in seinen Gedanken und Erinnerungen rachsüchtig ausbreitete. Eine diese Handikaps ausbalancierende Welt- und Menschenkenntnis zu erwerben, hatte sein Werdegang ihm nicht erlaubt. Trotz der Wesensunterschiede zu seinem altpreußisch-schlichten und im Persönlichen bemerkenswert loyalen Großvater Wilhelm I. versuchte Wilhelm II. immer, dessen Regierungsmuster zu folgen. Man kann sein anfängliches Verhältnis zu Caprivi dergestalt deuten, dass er hier ‚seinen eigenen Bismarck‘ gefunden zu haben hoffte. Zum militärischen Oberbefehlshaber ernannte er den Neffen des berühmten Generalfeldmarschalls Helmuth von Moltke („Ich will auch einen Moltke.“), der dann aber aus dem Schatten Alfred von Schlieffens nicht heraus zu treten vermochte. Allerdings wurde die Zurückhaltung seines Großvaters bei direkten politischen Eingriffen keineswegs bleibendes Merkmal des Enkels; wiederholt griff Wilhelm II. durch Personalentscheidungen und Befehle für Gesetzesvorlagen direkt in die Politik ein. Gar nicht folgte er der öffentlichen Zurückhaltung des alten Kaisers: Selbstdarstellungseifer drängte Wilhelm II. oft repräsentativ in die Öffentlichkeit, wobei eine nicht unbeachtliche Rednergabe ihm Echo einbrachte, aber auch zu politisch bedenklichen Formulierungen verlockte. Auch begünstigte dieser Übereifer sein Verhältnis zu den Massenmedien. Man kann ihn als ersten Medienmonarchen des 20. Jahrhunderts ansehen. Seine Schaustellungen von Uniformen und Orden stimmten im Übrigen zum Protzstil des später nach ihm benannten Wilhelminismus. Die Künste standen ihm fern, die Literatur lag ihm nicht am Herzen. Eigene Interessen entwickelte er für die Archäologie, seine Korfu-Aufenthalte sind auch davon bestimmt. Außerdem oblag er, wie in Adelskreisen nicht unüblich, begeistert der Jagd, seine Trophäenzahl erfreute ihn (er erlegte rd. 46.000 Tiere); im Exil fällte er gerne Bäume. Bei der Jagd lernte Wilhelm auch seinen später engen Freund Philipp Graf zu Eulenburg kennen, der besonders in den Jahren 1890 bis 1898 zu seinen wichtigsten Beratern zählte. Desengagement, wenn die Dinge anders liefen, als er wollte, blieb sein Wesenszug. Noch 1918, angesichts der revolutionären Verhältnisse im Reich, emigrierte er sang- und klanglos ins neutrale Ausland. Seine in Holland verfasste Autobiografie mit ihren Rechtfertigungen oder Themenvermeidungen ist ein gutes Zeugnis seiner Urteilsschwächen. Das Bild Wilhelms II. in der Öffentlichkeit Wilhelm II. war zunächst sehr populär. Die weniger geschätzten Züge einer Reichseinigung „von oben“ mit Bewahrung alter Machtstrukturen fand in der Kaiserverehrung einen willkommenen Ausgleich. Die weithin monarchistisch gesonnene Presse nahm dies auf, man fand für ihn die Bezeichnungen „Arbeiterkaiser“ und „Friedenskaiser“ (dies geht u. a. auf den Vorschlag von Emanuel Nobel von 1912 zurück, Kaiser Wilhelm II. den von Alfred Nobel gestifteten Friedensnobelpreis zuzusprechen, damals hatte das Deutsche Reich unter seinem Kaisertum 24 Jahre Frieden gehalten). Doch wurde er auch als bedrohlich empfunden (vgl. Ludwig Quiddes als Kritik an Wilhelm II. aufgefasste und vielrezipierte 1894er Studie Caligula zum "Cäsarenwahnsinn“). Zunehmend mischte sich dann Spott hinein: „Der erste war der greise Kaiser, der zweite war der weise Kaiser, der dritte ist der Reisekaiser.“ Auch in der Bezeichnung „Redekaiser“ steckte Kritik. Seine vielerlei Uniformen wurden bewitzelt: „Majestät, im Badezimmer ist ein Rohr geplatzt.“ – „Bringen Sie die Admiralsunifom.“ („Simplicissimus“) Von den ihn kritisierenden Demokraten, Sozialisten, Katholiken, auch den kritischen Minderheiten (von 1864 her die Dänen, seit 1866 die Hannoveraner, seit 1871 die Elsass-Lothringer, dauerhaft die Polen) wurde ihm zunächst das die öffentliche Meinung beherrschende Bürgertum am gefährlichsten. Bei den Schriftstellern war er nicht angesehen, der ironische Thomas Mann war in seinem Roman Königliche Hoheit noch am mildesten mit einem behinderten und etwas einfältigen Dynasten umgegangen. Direkte Kritik verbot der Paragraph zur „Majestätsbeleidigung“ im Strafgesetzbuch, aber die Witze über ihn wurden immer beißender. Man vergleiche nur das viel positivere Kaiserbild von Franz Joseph in Österreich-Ungarn, der doch viel stärkere innen- und außenpolitische Probleme hatte. Nach 1918 und seiner Flucht ins Exil überwog die Verachtung, man warf ihm Feigheit vor: Warum ist er nicht an der Spitze seines Heeres kämpfend gefallen? Monarchisten erhofften 1933 mit H.s Machtantritt seine Rückkehr. Da H. nichts dergleichen im Sinne hatte, wurde Wilhelm II. in seinen letzten zehn Lebensjahren immer stärker vergessen, sein Tod blieb überwiegend unbetrauert. Sein öffentliches Ansehen hat sich seither kaum erholt. Außerhalb Deutschlands war sein Ansehen eher schlechter als in Deutschland. Während des Ersten Weltkrieges war Wilhelm II. oft die symbolische Zielfigur der feindlichen Propaganda. Familie Stammbaum Söhne und Töchter Friedrich Wilhelm Victor August Ernst (1882-1951) ∞ 1905 Herzogin Cecilie zu Mecklenburg-Schwerin (1886-1954) Wilhelm Eitel Friedrich Christian Karl (1883–1942) ∞ 1906-1926 Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg (1879-1964) Adalbert Ferdinand Berengar (1884–1948) ∞ 1914 Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen (1891-1971) August Wilhelm (1887–1949) ∞ 1908-1920 Prinzessin Alexandra von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1887-1957) Oskar Karl Gustav Adolf (1888–1958) ∞ 1914 Gräfin Ina Maria von Bassewitz (1888-1973) Joachim Franz Humbert (1890–1920, Selbstmord) ∞ 1916 Prinzessin Marie Auguste von Anhalt (1898-1983) Victoria Luise Adelheid Mathilde Charlotte (1892–1980) ∞ 1913 Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (1887-1953) Titel und Ränge Titular Akademische Titel (alphabetisch nach Hochschulen) Dr. iur. utr. h.c. der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin Dr.-Ing. E.h. der Polytechnischen Hochschule in Berlin Ehrendoktor der Wissenschaften der Universität Klausenburg Dr. of Civil Law der Universität Oxford Ehrendoktor der Rechte der Universität von Pennsylvania Ehrendoktor der Medizin der Karls-Universität Prag Militärische Laufbahn 27. Januar 1869: Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß und à la suite des 1. Batl. (Berlin) des 2. Garde-Landwehr-Regiments. 22. März 1876: Oberleutnant 22. März 1880: Hauptmann 16. Oktober 1881: Major 16. September 1885: Oberst und Kommandeur des Garde-Husaren-Regiments 27. Januar 1888: Generalmajor und Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade 15. Juni 1888: Oberster Kriegsherr des deutschen Heeres und Chef der Marine, Chef des 1. Garde-Regiments zu Fuß, des Regiments der Garde du Corps, des Leib-Garde-Husaren-Regiments 13. September 1889: Chef des Königs-Ulanen-Regiment (1. hannoversches) Nr. 13 Chefstellen und andere Ehrenränge Hier geht es um den Rang des Chefs (in Bayern: Inhaber) von Truppenteilen, dessen Namen diese dann auch oftmals trugen (das militärische Kommando liegt nicht beim „Chef“, sondern bei dem jeweiligen „Kommandeur“). Die Generals- und Admirals-Titel sind ebenfalls als Ehrenränge zu verstehen. Deutschland Chef des 1.Garde-Regiments zu Fuß Regiments der Gardes du Corps Leib-Garde-Husaren-Regiments Königs-Ulanen-Regiments (1. Hannoversches) Nr. 13 Königs-Infanterie-Regiments (6. Lothringisches) Nr. 145 Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpreußisches) Nr. 3 Regiments Königs-Jäger zu Pferde Nr. 1 Leib-Kürassier-Regiments Großer Kurfürst (Schlesisches) Nr. 1 1. Leib-Husaren-Regiments Nr. 1 2. Leib-Husaren-Regiments Königin Viktoria von Preußen Nr. 2 Leib-Grenadier-Regiments Friedrich Wilhelm III. (1. Brandenburgisches) Nr. 8 2. Badischen Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm I. Nr. 110 Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm (2. Großherzoglich Hessisches) Nr. 116 Königlich Sächsischen 2. Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm Nr. 101 Königlich Württembergischen Infanterie-Regiments Nr. 120 Königlich Württembergischen Dragoner-Regiments Königin Olga (1. Württembergisches) Nr. 25 Inhaber des 1. Königlich Bayerisches Ulanen-Regiment „Kaiser Wilhelm II., König von Preußen“ Königlich Bayerischen 6. Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen Ausland Inhaber des K.u.k. Infanterie-Regiments Nr. 34 (Österreich-Ungarn) K.u.k. Husaren-Regiments Nr. 7 (Österreich-Ungarn) Chef des Kaiserlich Russischen St. Petersburger Leib-Garde-Grenadier-Regiments 'König Friedrich Wilhelm III.' 85. Infanterie-Regiments „Wyborg“, (Russland) 13. Husaren-Regiments „Narva“ (Russland) Königlich Großbritannischen 1. Dragoner-Regiments Ehrenoberst des Königlich Portugiesischen 4. Reiter-Regiments Königlich Spanischen Dragoner-Regiments „Numancia“ Kaiserlich Osmanischer Feldmarschall Feldmarschall der Kaiserlich-Königlichen Armee Österreich-Ungarns Königlich Großbritannischer Feldmarschall Königlich Großbritannischer Ehrenadmiral der Flotte Königlich schwedischer Flaggenadmiral Königlich norwegischer Ehrenadmiral Königlich dänischer Ehrenadmiral Admiral der Kaiserlich russischen Flotte Ehrenadmiral der Kgl. griechischen Flotte Sonstige (nichtmilitärische) Ränge und Orden Auswahl Neuntes Oberhaupt und neunter Souverän und Meister des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler Protektor des Johanniterordens Ritter des Hosenbandordens (Vereinigtes Königreich) Ritter des St.Andreasordens (Russland) Ritter des Annunciaten-Ordens (Italien) Ritter des Elefanten-Ordens (Dänemark) Ritter des St.-Hubertus-Ordens Ritter des Seraphinenordens (Schweden) Ritter des Löwen-Ordens (Norwegen) Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies (Spanien) Ehrenbailli und Großkreuz des Souveränen Malteserordens.